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Früherer FDP-Chef: Gerhardt fordert Amtsverzicht von Koch

"Jamaika wird mit Koch nicht machbar sein": Wolfgang Gerhardt findet im Gerangel um die Regierungsbildung in Hessen deutliche Worte in der Führungsfrage einer möglichen Koalition zwischen Union, Sozialdemokraten und der FDP.

Der hessische FDP-Bundestagsabgeordnete und frühere Parteivorsitzende, Wolfgang Gerhardt, hat die CDU in Hessen zum Verzicht auf Roland Koch gedrängt. Der Ministerpräsident habe in der Landtagswahl „nur knapp das rettende Ufer erreicht“, sagte Gerhardt dem Tagesspiegel. „Für jedermann ist erkennbar, dass die CDU eine Wahlniederlage erlitten hat.“ Wenn sie eine Regierung anführen will, müsse sie sich mit der Führungsfrage beschäftigen. „Jamaika wird mit Roland Koch nicht machbar sein“, sagte Gerhardt. Darüber müsse sich die CDU klar sein, wenn sie in Koalitionsverhandlungen gehe.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte unterdessen die FDP – trotz ihrer Absage – erneut zu einer Ampelkoalition mit Sozialdemokraten und Grünen auf. Der hessische SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt warf den Liberalen vor, die Partei werde ihrer demokratischen Verantwortung nicht gerecht, und forderte sie auf, „das Wochenende nochmals zum Nachdenken zu nutzen“. Nach Angaben aus Parteikreisen will der SPD-Landesvorstand am Dienstag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Grünen mit dem Ziel einer rot-grünen Minderheitsregierung beschließen.

Becks Umfragewerte stürzen ab

Die Entscheidung von SPD-Chef Kurt Beck, die Sozialdemokraten gegenüber der Linkspartei zu öffnen, hat bei den Wählern zu einem massiven Imageverlust des SPD-Vorsitzenden geführt. Selbst bei den SPD-Anhängern sprechen sich 54 Prozent gegen Beck als Kanzlerkandidaten aus, wie das am Freitag veröffentlichte Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel ergab. In der Gesamtbevölkerung sank die Zustimmung für Beck als Kanzlerkandidaten von 40 Prozent im November auf nunmehr nur noch 27 Prozent. In der sogenannten Sonntagsfrage bleibt die SPD im Vergleich zu Anfang Februar unverändert stabil bei 30 Prozent. Die Union käme auf 40 Prozent (minus 1), die FDP auf 8 Prozent (plus 1), die Linke auf 11 Prozent (plus 1), die Grünen auf 7 Prozent.

Wegen einer Grippeerkrankung sagte Beck auch für die nächste Woche alle Termine ab. Die Leitung der Präsidiumssitzung am Montag wird Parteivize Frank-Walter Steinmeier übernehmen. Das Treffen des Koalitionsausschusses am Donnerstag fällt komplett aus.

Wowereit will Linke nicht tabuisieren

Der linke SPD-Flügel stellte sich demonstrativ an Becks Seite. „Es wird sicher eine kritische Debatte geben, aber ich sehe eine breite Mehrheit für Kurt Beck im Parteirat“, sage die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles dem Tagesspiegel. Parteiratschef Claus Möller geht ebenfalls davon aus, dass das Gremium am Montag den auf Drängen Becks gefassten Vorstandsbeschluss zum Umgang mit der Linkspartei bestätigen wird. Damit hätte Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti trotz massiver Kritik des rechten SPD-Flügels einen weiteren Beschluss der Bundespartei im Rücken, um sich am 5. April im Wiesbadener Landtag mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit warnte im „Deutschlandfunk“ davor, die Linke zu tabuisieren: „Die Linkspartei ist nicht mehr wegzudiskutieren.“ Den Parteichef nahm er in Schutz: „Kurt Beck ist kein Geisterfahrer. Er fährt auf der richtigen Spur und in die richtige Richtung.“ Der frühere SPD-Vordenker Erhard Eppler mahnte seine Partei, sich schnell auf die Existenz der Linken einzustellen. Fast alles, was gegen diese Partei vorgebracht werde, sei gut begründet. „Aber es gibt sie eben. Es geht also darum, unter mehreren höchst unangenehmen Alternativen die erträglichste auszusuchen“, schreibt Eppler in der Parteizeitung „Vorwärts“. (Tsp)

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