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Politik: Frühstart der Bewerber

Schon jetzt bewerben sich viele US-Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur. Sie wollen noch vor einem Krieg ins Fernsehen

Von Friedemann Diederichs,

Washington

Al Sharpton, der farbige New Yorker Bürgerrechtler und Prediger, pflegte aus seinem Herzen noch nie eine Mördergrube zu machen – vor allem dann, wenn Medienvertreter mit gezückten Stiften in der Nähe sind. So stand dann auch für Sharpton, nebenbei noch Parteimitglied der US-Demokraten, schnell fest, wie er erste Schlagzeilen als Präsidentschaftskandidat machen würde: Mit einer Philippika gegen die eigenen Parteifreunde. „Ein Haufen weißer Männer mittleren Alters mit viel Geld“ habe sich da zusammengefunden, zürnte Sharpton jetzt, „ohne mich ist das doch nur wieder derselbe exklusive Klub."

Wie Sharpton haben bereits mehrere andere Demokraten ihre Kandidatur erklärt. Dass sie sich zu diesem „Frühstart“ entschieden haben, liegt vor allem an dem möglichen Irak-Krieg: Denn wenn erst einmal Bomben auf Bagdad fallen, werden es die Bewerber schwer haben, sich kostenlose Fernseh-Zeit zu sichern.

So haben mehrere Kandidaten schon jetzt, 23 Monate vor dem für das Weiße Haus entscheidenden Urnengang, den Hut in den Ring geworfen. Dort liegen mittlerweile so viele Hüte, dass die politisch derzeit eher an den Folgen eines möglichen Irak-Krieges interessierte Öffentlichkeit schnell den Überblick verliert. Denn wer kennt schon Howard Dean, den Gouverneur aus Vermont, oder John Edwards, den jungenhaften Senator aus North Carolina? Etwas prominenter sind hingegen Namen wie Dick Gephardt, der bisherige Oppositionsführer im Repräsentantenhaus, Selfmade-Millionär und Vietnam-Veteran John Kerry oder Joseph Lieberman, der sich bei der letzten Wahl vergeblich als Vizepräsident beworben hatte. Sie alle – und vermutlich noch ein paar Demokraten mehr, darunter auch der bisherige Senats-Fraktionschef Tom Daschle – wollen sich die großen Schuhe überstreifen, die Ex-Präsident Bill Clinton seiner Partei nach dem Ende zweier Amtsperioden hinterlassen hat. Einer Partei, die durch die lange Dominanz Clintons unter dem Syndrom leidet, keinen wirklich medienmäßig „verkaufbaren“ Kandidaten aufweisen zu können. „Der große Kommunikator Clinton hat niemanden neben sich groß werden lassen“, geben Partei-Berater offen zu.

Das hat wohl auch Al Gore erkannt, der es nicht noch einmal wissen will und mit seiner Verzichtserklärung den inoffiziellen Startschuss für das Wettrennen unter den Demokraten eröffnete. Wenn schon nicht über Charisma, so verfügen die derzeit bekannten Aspiranten aus dem Demokraten-Lager doch zumindest über eines: eine Helferorganisation und genug Startkapital, um die sündhaft teure Bewerbung ins Rollen zu bringen. Denn nur wer bis zu den „Primaries“, den traditionellen Vorwahlen, finanziell durchhält, darf sich überhaupt eine Chance ausrechnen, gegen den republikanischen Amtsinhaber George W. Bush antreten zu können. Der steht in der Wählergunst mit rund 85 Prozent Zustimmung erstklassig da. Zwei Jahre vor der Wahl zeichnet sich bereits ab, mit welchen Themen die Oppositionskandidaten Bush stürzen wollen: „Er hat uns sowohl in den wichtigen Wirtschaftsfragen wie auch der Sicherheit der Nation im Stich gelassen“, gab Richard Gephardt die ideologische Marschroute vor. „Wir haben vor allem leere Sprüche und gebrochene Versprechen gesehen.“

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