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Joseph Blatter, Jerome Valcke und Michel Platini (von links nach rechts).

© dpa

Führungskrise wegen Sepp Blatter: Die Fifa braucht einen Kandidaten mit Dreck am Schuh

Fifa-Präsident Joseph Blatter wurde zwar von seinem Amt suspendiert. Sein Machtsystem ist aber noch lange nicht am Ende. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Und noch immer heißt der Präsident des Internationalen Fußball-Verbandes Joseph Blatter. Er war schon abgeschrieben, hat seinen Rückzug angekündigt, und jetzt hat ihn die Ethikkommission seines Verbandes suspendiert. Aber nur für 90 Tage.

Nach dieser Zeitstrafe glaubt Blatter, wieder aufs Feld stürmen zu können, und sicher wird er versuchen, dem einen oder anderen Mannschaftskollegen von hinten die Beine wegzugrätschen. Im Kampf um die verbliebene Macht passieren gerade jede Menge hässliche Fouls. Die Fifa ist eben ein Sportverband, in dem Sportsgeist schon lange nichts mehr gilt.

Immerhin hat die Fifa jetzt überhaupt einmal etwas gegen ihre eigene Führung unternommen. Der Präsident, sein potenzieller Nachfolger Michel Platini und der ranghöchste Angestellte Jerome Valcke sind für drei Monate von allen fußballerischen Aktivitäten freigestellt worden, ein weiterer Kandidat für neun Jahre. Nur auf dem Bolzplatz dürften sie noch kicken. Die Fifa hat damit nicht nur Blatter kurzzeitig abberufen, sondern zugleich auch dessen ehemaligen Ziehsohn Platini als unpräsidiabel erklärt. Jetzt steht der Kameruner Issa Hayatou vorübergehend an der Spitze der Fifa. Gegen ihn gab es auch schon einige Vorwürfe wegen Korruption. Es ist also bei der Fifa so, als wenn bei der Tour de France Lance Armstrong der Sieg aberkannt wird und Jan Ullrich nachrücken darf.

Keiner glaubt mehr an die Grundreinigung von innen

Die Entscheidung der Ethikkommission macht somit die Leere in diesem Weltkonzern noch einmal deutlich. Sie schiebt Verantwortliche dieses Systems von Gefälligkeiten und Bereicherungen an die Seite und an ihre Stelle tritt – niemand. Wer auch immer in diesem System beteiligt war, sieht sich mindestens dem Vorwurf der Mitwisserschaft ausgesetzt. Dass es eine Grundreinigung von innen geben könnte, scheint so gut wie ausgeschlossen.

Das hat vor allem Blatter auszunutzen versucht. Ohne mich geht es nicht, hat er allen immer wieder zugerufen. Und sogar einige Anständigere haben ihm das abgenommen. Das Problem am Amt des Fifa-Präsidenten ist einfach, dass es für einen ehrbaren Menschen geschaffen scheint. Um aber überhaupt an diese Stelle zu kommen, sind so viele Zugeständnisse an all die kleinen und großen Fußballverbände und Funktionäre nötig, dass von der Integrität spätestens am Wahltag nichts mehr übrig sein kann.

Zum einen bräuchte die Fifa eine Kandidatin oder einen Kandidaten mit Dreck am Schuh, aber nicht am Stecken. Jemand, der sich auf dem Platz faire Zweikämpfe geliefert hat, aber nicht dabei war, wenn es wirklich schmutzig wurde. Es ist jedenfalls fast ausgeschlossen, dass ein Nicht-Fußballer ohne Hausmacht etwas ausrichten könnte. Reichen wird aber auch das nicht. Die Fifa muss zum anderen damit fertig werden, dass so viele Verbände und ihre Vertreter immer wieder die Hand aufhalten, weil im Fußball so schnelles Geld zu verdienen ist und jeder etwas abbekommen möchte. Wie die Fifa ihr vieles Geld verteilt, muss sie ganz offen und nachvollziehbar machen. Sonst wird Joseph Blatter noch der ewige Fifa-Präsident. Wenn er selbst irgendwann einmal aus dem Amt scheiden sollte, dann regiert eben sein Geist weiter.

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