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Gregor Gysi bleibt allein an der Spitze der Linken, die Position von Sahra Wagenknecht wird allerdings aufgewertet.

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Führungsstreit bei der Linken: Sahra Wagenknecht wird „erste Stellvertreterin“ von Gregor Gysi

Der Streit um die Fraktionsspitze bei der Linken ist vorerst beigelegt: Sahra Wagenknecht akzeptiert, dass Gregor Gysi weiter alleine die Bundestagsfraktion führt Aber auch die Position der 44-Jährigen wird aufgewertet.

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Gregor Gysis Drohungen haben offenbar Wirkung gezeigt. Der Frontmann der Linken bleibt alleiniger Chef der Bundestagsfraktion. Sahra Wagenknecht, die gerne an die Spitze aufgerückt wäre, soll aber gestärkt werden. Die 44-Jährige wird einzige „erste Stellvertreterin“ des Fraktionschefs.

Der 65-jährige Rechtsanwalt aus Berlin kann so im neu gewählten Bundestag eine zentrale Aufgabe allein ausfüllen: Als Vorsitzender der größten Oppositionsfraktion darf er direkt auf Auftritte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) antworten. Gysi wurde am Mittwoch bei der Fraktionsklausur im brandenburgischen Bersteland mit 80,6 Prozent der Stimmen gewählt. Wagenknecht erhielt 66,1 Prozent Zustimmung als Stellvertreterin.

Streit um die Fraktionsspitze

Seit Jahren wehrt Gysi sich erfolgreich, dass die Ikone der Parteilinken gleichberechtigt mit ihm in die Fraktionsspitze aufrückt. Für eine Doppelspitze stehe er nicht zur Verfügung, ließ er im Vorfeld der Fraktionsklausur verbreiten. Die 44-jährige Lebensgefährtin von Oskar Lafontaine warf ihm deshalb vor, er habe Abgeordnete unangemessen unter Druck gesetzt. Man müsse „aufpassen, dass man Fraktionen nicht zu Zerreißproben bringt, wenn dann eben Ultimaten öffentlicher Art im Raum stehen. Das muss man natürlich berücksichtigen“, sagte sie. „Ich glaube schon, dass in der Fraktion, wenn es eine ganz freie Entscheidung wäre, sicherlich viele eine Doppelspitze sich wünschen würden.“

Gysi wollte sich zu den Vorwürfen öffentlich nicht äußern. Es sei das Recht jeder Abgeordneten, an ihm Kritik zu üben, sagte er am Mittwoch dem TV-Sender Phoenix und fügte hinzu: „Wenn ich mich jedes Mal verteidigen würde, das wäre doch albern.“ Er bestreite auch gar nicht, „dass ich in bestimmter Hinsicht ein Alphatier bin“, sagte er kokett. Die Doppelspitze mit Wagenknecht wird vor allem von den westdeutschen Fundamentalisten in der Fraktion befürwortet. Die ostdeutschen Pragmatiker sind für Gysi als alleinige Spitze. Der Linksfraktion gehören je 32 Abgeordnete aus Ost und West an, die aber nicht alle einem der beiden Lager zuzuordnen sind.

Wagenknecht stimmt Kompromiss zu

Mit einer Unterschriftenaktion unter seinen westdeutschen Genossen hatte der frühere Linken-Chef Klaus Ernst für eine Doppelspitze geworben. Auch aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen, über dessen Landesliste Wagenknecht in den Bundestag gewählt worden war, wurde der Vorschlag unterstützt. Aber schon einen Tag vor der Wahl der Fraktionsspitze hatte Wagenknecht am Dienstag einem Kompromissvorschlag zugestimmt, nach dem Gysi alleiniger Fraktionschef bleibt und sie selbst einzige „erste Stellvertreterin“ von insgesamt sieben Stellvertretern wird.

Als stellvertretende Fraktionschefs wurden am Mittwoch unter anderem der frühere Parteichef Klaus Ernst und der ehemalige Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch gewählt. Die Regelung soll nur für zwei Jahre gelten. Die Befürworter einer Doppelspitze wollen einen verbindlichen Beschluss, dass es ab 2015 zwei Fraktionschefs gibt – einen Mann und eine Frau. „Wir brauchen eine Doppelspitze, und zwar noch in dieser Legislatur“, sagte Wagenknecht. In der Fraktion wird spekuliert, dass der 65-jährige Gysi ohnehin nur noch zwei Jahre im Amt bleiben möchte.

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