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Politik: Fünf Plätze für Sunniten sind noch leer

Parlament im Irak bestätigt die erste demokratisch gewählte Regierung nach jahrzehntelanger Diktatur

Bagdad Nach jahrzehntelanger Diktatur hat der Irak eine demokratisch gewählte Regierung: Eine Mehrheit der 275 Abgeordneten stimmte am Donnerstag in Bagdad für eine von Ministerpräsident Ibrahim al Dschaafari vorgelegte Liste. Allerdings ist sein Kabinett auch drei Monate nach den Parlamentswahlen unvollständig. Fünf Ministerposten und die Posten von zwei stellvertretenden Regierungschefs, die für die Wahlverlierer der sunnitischen Araber vorgesehen sind, sind noch unbesetzt. Vakant sind Schlüsselressorts wie die des Verteidigungs- und des Ölministers. Al Dschaafari versprach, die Posten binnen einer Woche zu besetzen. Bis dahin übernehmen er und seine vier Stellvertreter die noch vakanten Posten kommissarisch. Die künftige Regierung besteht aus 32 Ministern und vier Staatsministern. Bis zur Vervollständigung der Regierungsmannschaft wird das Ölministerium von Ahmed Chalabi geleitet, das Energieressort von Rodsch Nuri Schawis, das Verteidigungsministerium von al Dschaafari selbst.

Bei der Abstimmung votierten 180 der anwesenden Abgeordneten für die Regierungsliste, fünf dagegen. In seiner Rede warb der schiitische Ministerpräsident dafür, seine Regierung als Mannschaft zu sehen. Laut Übergangsverfassung hatte er einen Monat Zeit, das Kabinett zu bilden. Danach wäre nach dem 7. Mai ein anderer Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Die bei den Wahlen am 30. Januar siegreiche schiitische Allianz stellt 17 Minister, das kurdische Parteienbündnis acht. Ein Ministerium geht an die christliche Minderheit im Irak, ein weiteres an die Turkmenen.

Schawis ist einer der stellvertretenden Ministerpräsidenten. Der kurdische Politiker, der ausgezeichnet Deutsch spricht, gehört zur Führungsriege der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) von Massud Barsani. Der 1947 geborene Politiker war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident der kurdischen Regierung in der Nordprovinz Erbil. Ein weiterer stellvertretender Ministerpräsident ist Ahmed Chalabi: Der säkulare Schiit ist eine der umstrittensten Persönlichkeiten im Nachkriegsirak. Der 1945 in Bagdad geborene Politiker hat den größten Teil seines Lebens im Ausland verbracht. In Jordanien wurde er nach dem Bankrott seiner Privatbank in Abwesenheit zu 22 Jahren Haft verurteilt. 1992 gründete er den Irakischen Nationalkongress (INC). Vor der US-Invasion galt er als Günstling des US-Verteidigungsministeriums, das ihm inzwischen jedoch die Unterstützung entzogen hat. Außenminister ist Hoschjar Sebari. Der 52 Jahre alte Kurde scherzt gerne, dass seine Jahre als Kämpfer der KDP wohl die beste Vorbereitung für den gefährlichen Posten des Außenministers waren, den er schon in der Übergangsregierung innehatte. dpa

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