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Politik: Fünf plus drei plus x

Die Anpassung des Hartz-IV-Regelsatzes ist abgehakt – samt Bildungs- und Sozialarbeiterpaket

Berlin - Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Hartz-IV-Reform kann nun verspätet umgesetzt werden. Bundestag und Bundesrat verabschiedeten am Freitag die Gesetzesänderungen, auf die sich Union, FDP und SPD nach mehr als zweimonatigen Verhandlungen geeinigt hatten. Der Kompromiss kam erst zustande, nachdem die Bundesländer den Vermittlungsausschuss ein zweites Mal angerufen hatten.

Der Regelsatz für die rund 4,7 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Empfänger steigt rückwirkend zum Januar um fünf Euro auf 364 Euro im Monat. Die höheren Bezüge werden erstmals im April ausgezahlt, es gibt dann einmalig ein Plus von zwanzig Euro. Zum 1. Januar 2012 wird der Regelsatz um weitere drei Euro angehoben. Damit sollen Preissteigerungen aus dem ersten Halbjahr 2010 ausgeglichen werden, die ansonsten unter den Tisch gefallen wären. Hinzu kommt die jährliche Anpassung an Löhne und Preise, wohl noch einmal mehrere Euro. Für Kinder bleibt der Regelsatz auf dem bisherigen Niveau: Bis zum Alter von sechs Jahren gibt es 215 Euro, von sechs bis 14 Jahre 251 Euro, von 14 bis unter 18 Jahre 287 Euro. Für Behinderte über 25 Jahren soll der Regelsatz überprüft werden mit dem Ziel, dass sie künftig 100 statt derzeit 80 Prozent erhalten.

Für die 2,5 Millionen Kinder aus Hartz- IV-Familien und von Geringverdienern soll es das Bildungspaket geben. Das Mittagessen in der Schule oder Kita wird künftig vom Bund bezuschusst (ein Euro pro Tag soll nach wie vor aus dem Regelsatz bestritten werden). Außerdem sollen eintägige Ausflüge und Nachhilfe bezahlt werden, letztere allerdings unter strengen Voraussetzungen. Jedes Kind hat Anspruch auf zehn Euro im Monat für Vereinsbeiträge oder Musikunterricht. Vom Bildungspaket profitieren auch die Kinder, deren Eltern wegen ihres geringen Einkommens Wohngeld oder den Kinderzuschlag bekommen. Die Leistungen soll es möglichst auch rückwirkend geben: etwa die Zuschüsse zum Mittagessen, aber auch Vereinsbeiträge. Das Arbeitsministerium empfiehlt den Betroffenen, Quittungen zu sammeln.

Für die Umsetzung des Bildungspakets sind die Kommunen zuständig, die im Rahmen der Reform finanziell entlastet werden: Der Bund will bis 2015 die Kosten für die Grundsicherung im Alter komplett übernehmen, das entspricht einer Entlastung von zwölf Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren. Das im Bundeshaushalt entstehende Loch soll gestopft werden, indem bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) vier Milliarden Euro gekürzt werden. Damit drohen der Behörde neue Defizite, die zu steigenden Beiträgen oder weiteren Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik führen können.

Von den geplanten 1,2 Milliarden Euro für das Bildungspaket sollen die Kommunen auch die Warmwasserkosten von Hartz-IV-Beziehern bezahlen. Befristet für drei Jahre stellt der Bund 400 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung, mit denen die Kommunen (vor allem an Schulen) mehr Sozialarbeiter beschäftigen können. Nach Berechnungen der SPD könnten 3000 Stellen geschaffen werden. Für 1,2 Millionen Arbeitnehmer soll es neue Mindestlöhne geben: in der Zeitarbeit, im Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie in der Weiterbildungsbranche.

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