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Politik: Fünf Tage Atempause

Der UN-Bericht gibt Regierung und Opposition die Chance, sich nach den Wahlen anzunähern

Von Robert Birnbaum

Es geht ein hörbares Aufatmen durch die deutsche Politik, ein parteiübergreifendes obendrein. Der Bericht des UN-Chefinspekteurs Hans Blix über das Waffenarsenal Iraks enthält nichts, was den sofortigen Krieg gegen Saddam Hussein rechtfertigen würde, und der Bericht wie die ersten Reaktionen der Kriegsmächte USA und Großbritannien laufen auf eine Verlängerung der Inspektionen hinaus. Eine Galgenfrist auch für die deutschen Parteien über die Landtagswahlen am 2. Februar hinaus – also zumindest eine Chance dafür, nach diesem Datum der früheren Gemeinsamkeit der Demokraten in der Außen- und Sicherheitspolitik zumindest wieder näher zu kommen.

Einigkeit besteht allseits darin, dass eine Verlängerung der Inspektionen sinnvoll ist. Differenzen zwischen Regierung und Opposition werden dabei über den Zeitrahmen deutlich. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wandte sich im NDR gegen alle „zeitlich engen Vorgaben“. Wie lange sie noch weiter forschen wollten, wüssten die Inspekteure selbst am besten; entscheiden müsse der Sicherheitsrat. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager forderte, dass den Inspekteuren keine Fristen für ihre Arbeit gesetzt werden. Die Chef-Außenpolitiker der Union, Wolfgang Schäuble und Friedbert Pflüger, hingegen sprachen sich für eine Frist von vier Wochen, also bis Ende Februar, aus.

Überparteiliche Einigkeit besteht allerdings darin, dass im Gegenzug jetzt der Irak mit der Weltgemeinschaft kooperieren, seine Waffenbestände offen legen und offene Fragen der Inspekteure etwa nach dem Verbleib von größeren Mengen biologischer Kampfstoffe beantworten müsse. Schröder nannte dies als eine Bedingung dafür, dass der „Frieden eine Chance“ erhalte. „Wir haben jetzt eine Chance, die zu nutzen es wert ist“, sagte auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Durch fortgesetzte Inspektionen könne auch ohne eine Militäraktion sichergestellt werden, dass vom Irak keine Gefahr ausgehe. Fischer betonte aber auch, dass Saddam kooperieren müsse. Das sagt im Kern genau so auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel: Der irakische Machthaber dürfe nicht den Eindruck haben, „dass er beliebig auf Zeit spielen kann“.

Wie verhindert werden kann, dass das Regime in Bagdad diesen Eindruck bekommt, darüber allerdings sind sich die Parteien nach wie vor uneins. Schröder bekräftigte, es werde auch später im Sicherheitsrat kein deutsches Ja zu einem Krieg geben. Diese Position „wird nicht relativiert werden“. Auch die deutsche Unterstützung von Bündnispartnern werde im vorgegebenen Rahmen bleiben, nämlich „bis zur Grenze einer direkten oder indirekten Kriegsbeteiligung“. Diese Grenze werde aber eingehalten.

Dagegen betont die Opposition, dass erst der Militäraufmarsch der USA und Großbritanniens den Erfolg der Inspekteure ermögliche, und kritisiert Schröders Position. „Ein möglichst hoher Druck ist die beste Garantie dafür, dass wir eine friedliche Lösung bekommen“, sagte Merkel. Dieser Druck werde durch jede Einschränkung geschwächt. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle warnte, durch vorzeitige Festlegungen der Bundesregierung dürfe der Spielraum des Sicherheitsrats nicht eingeengt werden. Merkel forderte die Regierung auf, mit der „unendlichen Kette der Verdächtigungen“ gegen die USA aufzuhören. Die US-Regierung habe immer wieder gezeigt, dass sie keinen Alleingang wolle, sondern einen Weg über die UN. Wichtig sei nun eine gemeinsame Position Europas und der USA.

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