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Für Gesetze und Gutachten: Externe Berater gehen in Ministerien ein und aus

Über externe Berater und Sachverständige der Bundesregierung hat der Kanzleramtschef selbst erst kürzlich geurteilt: Nicht sehr sachverständig und schon gar nicht unabhängig. Dennoch werden Gutachten und sogar Gesetze extern erstellt – in vielen Fällen ist das überflüssig.

Von Antje Sirleschtov

Trotz des Urteils von Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) gehen die Berater, Gutachter und vor allem Rechtsanwälte zuhauf in den Bundesministerien ein und aus. Sie stellen Gutachten aus, geben fachliche Hinweise bei der Ausarbeitung von Förderprogrammen oder fertigen selbst Gesetzestexte aus, wie unter anderem jetzt im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geschehen.

Und sie verdienen jedes Jahr Millionen an den Aufträgen, die sie von der Regierung und den vielen untergeordneten Bundesbehörden bekommen. Mindestens 40 Millionen Euro waren es 2008, wie der Bundesrechnungshof in einer Untersuchung über das Beraterwesen der Bundesregierung im letzten Jahr herausfand und dem Haushaltsausschuss des Bundestages Mitte Juni schrieb. Wobei in Wirklichkeit wohl noch mehr Geld floss. Denn erstens melden die Ministerien nur die externen Aufträge, deren Einzelwert über 50 000 Euro liegt. Eine Rechtsberatung, etwa für das Justizministerium, über 49 900 Euro würde damit statistisch gar nicht mehr erfasst.

Und zweitens: Es gibt bis heute keine einheitlichen Definitionen innerhalb der Bundesregierung, welche externen Verträge als Beraterverträge zu deklarieren und damit auch zu kontrollieren sind. Und das auch noch drei Jahre, nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestages der Regierung 2006 den eindeutigen Auftrag erteilt hatte, regelmäßig Licht in das Beraterwesen der Ministerien zu bringen. Und der Bundesrechnungshof sogar einheitliche Kriterien zur Beauftragung von externen Sachverständigen erarbeitet hatte. Denn spätestens seit 2006 lastete ein schwerer Verdacht auf der Beziehung von Staat und privaten Beratern: Je mehr private Externe am originären Geschäft des Staates beteiligt werden, umso größer ist die Gefahr, dass Gesetze, Verordnungen und Regelungen nicht mehr im Sinne der Allgemeinheit verfasst werden sondern den Interessen Einzelner gehorchen.

Ganz oben auf der Liste der Beraterverträge, die im letzten Jahr vergeben wurden, stehen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit rund 12,5 Millionen Euro, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit zehn Millionen Euro und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) mit rund acht Millionen Euro. Wobei der Löwenanteil der Verträge, die dem Tiefensee- Ministerium zugeschrieben werden, nicht von den Beamten des Hauses selbst vergeben wurden, sondern von den Bundesbehörden, die dem Verkehrsministerium unterstehen.

Eines des für den Bund teuersten – und wegen seines Ausgangs wohl auch pikantesten – Beratungsprojekte ist 2008 zweifellos die Bahn AG gewesen. Deren Privatisierung ist gegen Ende des Jahres zwar wegen der weltweiten Finanzkrise abgesagt worden. Die verschiedenen Bundesministerien haben allerdings allein 2008 rund 2,6 Millionen Euro für externe Beratung im Zusammenhang mit der Privatisierung ausgegeben.

Das Urteil des Rechnungshofes über die Beraterpraxis in den Ministerien liest sich wie ein Lexikon der Unzulänglichkeiten und Schludrigkeiten. So gebe es nirgendwo in den Ministerien zentrale Verantwortliche, die den Umgang mit externen Beraterverträgen kontrollieren, stellen die Rechnungshof-Prüfer fest. Zudem würden „teilweise Verträge ohne Ausschreibung“ vergeben oder „mehrfach verlängert“, sodass die Beraterverträge als „arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse“ in den Ministerien angesehen werden könnten. Außerdem stellten die Prüfer fest, dass „bei keinem der untersuchten Fälle“ nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen existierten. Das heißt: Die Ministerien prüfen überhaupt nicht ernsthaft, ob vielleicht der gesuchte Sachverstand innerhalb der Regierung – etwa in anderen Ministerien – vorhanden und ein externer Berater womöglich überflüssig ist.

Im aktuellen Fall – das Bundeswirtschaftsministerium hat von einer Anwaltskanzlei einen Gesetzestext zur staatlichen Zwangsverwaltung maroder Banken erarbeiten lassen – erhielt der CSU- Minister am Mittwoch Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sehe „keinen Anlass zur Kritik“, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz sagte, sein Ministerium habe zuerst das SPD-geführte Justizministerium um Unterstützung gebeten. Erst als diese nicht zeitnah gewährt wurde, seien externe Juristen eingeschaltet worden. Den Juristen seien zudem fachliche Vorgaben für den Gesetzentwurf aus dem Ministerium gemacht worden.

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