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Futtermittel-Skandal: Dioxin nun auch im Schweinefleisch

Erstmals wurden am Dienstag auch erhöhte Dioxin-Werte in Schweinefleisch bei einem Mastbetrieb in Niedersachsen nachgewiesen. Am Krisenmanagement von Ministerin Aigner wird Kritik laut.

Berlin - Erstmals wurden am Dienstag auch erhöhte Dioxin-Werte in Schweinefleisch nachgewiesen. Der betroffene Mastbetrieb im niedersächsischen Verden muss nun 140 seiner Schweine notschlachten – der Dioxin-Wert lag um 50 Prozent über dem zulässigen Höchstwert. Das Futtermittel der Schweine stammte erneut von der Firma Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein. „Es ist nicht auszuschließen, dass das belastete Schweinefleisch auf den Markt gekommen ist“, sagte Verdens Kreisveterinär Peter Rojem. In einem weiteren Betrieb in Niedersachsen bewegte sich eine Probe im Bereich des Grenzwerts.

Von dioxinbelastetem Fleisch gehe aber keine unmittelbare Gefahr für die Verbraucher aus: „Beim Schwein ist es genauso wie mit dem Ei – die Mengen an Dioxin sind nicht bedenklich“, sagte Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung. „Jeden Tag nehmen wir Dioxin auf, es gibt kaum Lebensmittel, die dioxinfrei sind. Aber es ist immer eine Frage der Konzentration.“

Unterdessen fordern sowohl Regierung als auch Opposition Konsequenzen. „Wir werden die Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe verschärfen und für eine strikte Trennung der Produktionsströme sorgen“, sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag. Außerdem forderten die Fraktionen von Union und FDP eine Positivliste für Tierfutter auf EU-Ebene und schärfere Eigenkontrollen der Branche. Auch das Strafmaß für Verstöße gegen das Futtermittelgesetz müsse überprüft werden.

Die Opposition kritisierte das Krisenmanagement der Ministerin und warf Aigner vor, zu unkonkrete Maßnahmen vorzuschlagen. „Frau Aigner tritt als Schützerin der Verbraucher auf – aber wenn man sie an Ergebnissen misst, mangelt es an vielen Stellen“, sagte Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne). SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte mehr Transparenz. „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie dem Bundestag Rechnung darüber ablegt, was sie zu tun gedenkt“. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die deutschen Maßnahmen würden begrüßt, es seien aber noch Fragen offen.

Noch immer ist unklar, wie die Bauern, die ihre Betriebe vorübergehend schließen mussten, für ihre finanziellen Einbußen entschädigt werden. Werner Hilse, Präsident des Deutschen Bauernverbands, wies darauf hin, dass dies eine Aufgabe nach der Bewältigung der akuten Probleme sei. Er setze darauf, dass mit der Futtermittelwirtschaft eine einvernehmliche Lösung gefunden werde. Diskutiert wird auch über einen Entschädigungsfonds. „Vermutlich werden die Landwirte auf ihren Schäden sitzen bleiben“, sagte SPD-Landwirtschaftsexperte Wilhelm Priesmeier. Der Staat könne aber nur bei Liquiditätsproblemen helfen.

Auf Zustimmung im zuständigen Bundestagsausschuss für Verbraucherschutz stieß der Vorschlag einer bundesweiten Warn-Plattform, die „in den nächsten Wochen“ geschaltet werden soll. Auf der Internetseite www.lebensmittelwarnung.de sollen Verbraucher künftig über Belastungen in Lebensmitteln informiert werden. Am 18. Januar wollen die Landwirtschaftsminister der Länder in Berlin unter anderem über schärfere Kontrollen der Futtermittelindustrie beraten.

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