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Politik: G-8-Gipfel: Krawalle im Pay-TV

Die letzte Pressekonferenz des G-8-Gipfels unter Regie des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wurde direkt vom zweiten staatlichen Fernsehen RAI 2 übertragen. Doch auf die Gretchenfrage wusste niemand im Pressezentrum von Genua eine Antwort: Inwieweit trifft die Medien eine Mitverantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen beim Gipfel, bei denen ein 23-jähriger Demonstrant am Freitagabend ums Leben gekommen war?

Die letzte Pressekonferenz des G-8-Gipfels unter Regie des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wurde direkt vom zweiten staatlichen Fernsehen RAI 2 übertragen. Doch auf die Gretchenfrage wusste niemand im Pressezentrum von Genua eine Antwort: Inwieweit trifft die Medien eine Mitverantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen beim Gipfel, bei denen ein 23-jähriger Demonstrant am Freitagabend ums Leben gekommen war? In der Innenstadt von Genua verursachten die Demonstranten einen Sachschaden von 100 Millionen Mark. Haben die Medien erst der gewaltbereiten Minderheit der Protestler einen weltweiten Rahmen zur Verfügung gestellt, um sich zu produzieren?

Mehr als 5000 in- und ausländische Pressevertreter waren auf dem Gipfel vertreten. Mehr als 120 Journalisten wurde die Akkreditierung in den Tagen vor dem Gipfel verweigert. Doch die Zweiteilung - die "verbotene Stadt" des Veranstaltungsortes und die tatsächliche Stadt mit den dramatischen Ereignissen - hat sich auch auf die journalistische Berichterstattung ausgewirkt.

Die im Kerker der "roten Zone" eingeschlossenen Journalisten reagierten mit einer relativen Langsamkeit auf die tragische Zuspitzung der Proteste. Die RAI, das öffentliche italienische Fernsehen mit drei Kanälen, war mit 80 Journalisten, 190 Technikern und 40 Kameras in Genua vertreten. Doch am ersten Tag der großen Auseinandersetzungen berichtete nur die kleinste der drei Schwestern, RAI 3, über die Ereignisse.

Ansonsten wurde der guten alten "Mama RAI", wie sie in Italien genannt wird, die Show von den vielen unabhängigen und privaten Medien gestohlen, die zum Teil über 20 Stunden eine Allround-Information über die Ereignisse lieferten. Der Genueser Lokalsender "Primocanale" in Zusammenarbeit mit "Stream", einem privaten Pay-TV-Sender, hatte immer die Nase vorn und berichtete von vorderster Front. Regierungschef Berlusconi, selbst Besitzer von drei Privatsendern und gewiefter Stratege zwischen Politik und Medien, hat mit diesem Gipfel nicht nur wenige Erfolge eingefahren, sondern auch starke Konkurrenz im Medienbereich erhalten.

Ruth Reimertshofer

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