zum Hauptinhalt
070607groenemeyer

© dpa

G-8-Konzert: "Frau Merkel, halt dein Wort"

Pop-Stars wie Herbert Grönemeyer, U2-Sänger Bono, Bob Geldof und die Die Toten Hosen haben in Rostock ihre "Stimmen gegen Armut" erhoben. Rund 70.000 Menschen waren live dabei.

Sie wollen "trommeln, bis es nervt". So sagt es Herbert Grönemeyer. Aber ob die musikalische Botschaft des großen G-8-Begleitkonzerts in Rostock mit Stars wie Bono, Bob Geldof und den Toten Hosen wirklich die Mächtigen der Welt erreicht hat, die nur wenige Kilometer weiter westlich an der Ostseeküste in Heiligendamm tagen, ist fraglich. Rund 70.000 Besucher und 17 Bands aus aller Welt erhoben am Donnerstag auf dem ehemaligen Rostocker Gartenschaugelände getreu dem Motto des Spektakels ihre "Stimme gegen Armut" in Afrika. Sommerhitze, rockige Klänge und ein Hauch von Woodstock: Die Stimmung war bestens, auch wenn das Konzert ein ernstes Anliegen hatte. "Es ist ein ganz toller Tag", jubelte Grönemeyer der ausgelassen feiernden Menge vor der Bühne zu. Zum Abschluss sang er gemeinsam mit Bono die Gänsehaut-Hymne "Mensch", während sich über dem Gelände langsam die Sonne senkte.

Hauptforderung Grönemeyers und der anderen Stars ist das Einhalten der Versprechen, die die G-8-Staaten 2005 auf ihrem Gipfel im schottischen Gleneagles gemacht haben. Damals sagten die Länder zu, ihre Entwicklungshilfe bis 2010 auf 50 Milliarden US-Dollar zu steigern. Für Grönemeyer ist das Rostocker Konzert ein Werkzeug, den Menschen diese Forderungen zu erklären und sie für sich einzunehmen: "Tischler haben einen Hobel, Maler eine Pinsel. Wir haben nur unser Publikum und es wäre verantwortungslos, wenn wir das nicht nutzten." Auf der Bühne rief er später Richtung Heiligendamm: "Frau Merkel, halt dein Wort!"

Bono: "Deutschland muss sich an seine Verpflichtungen halten"

Bono, der am Mittwochabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über Afrika gesprochen hatte, respektierte zwar deren Haltung, dass sie nicht mehr versprechen will, als sie halten kann. Aber er besteht darauf: "Deutschland muss sich an seine Verpflichtungen halten." Nach seinem Gespräch mit Merkel sei er zwar sehr ernüchtert gewesen und nah daran, das Handtuch zu werfen. Aber er will weiter bei den Mächtigen der Welt hausieren gehen, um Afrika zu helfen. "Ich würde sogar den Teufel umarmen, wenn es uns auf unserem Weg weiterbringt."

Campino sang mit Geldof im Duett, die Toten Hosen ließen es krachen. Die Stars teilten sich die Bühne mit "Botschaftern" aus acht Entwicklungsländern. Stellvertretend für andere arme Länder machten sie als "Poor 8" (P8, "Die Armen 8") auf die Not in ihrer Heimat und anderswo aufmerksam. Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch forderte die G-8-Staats- und Regierungschefs auf, am Aufbau einer neuen Welt mitzuwirken. Yunus, der mit seiner Grameen Bank Mikrokredite an Kleinunternehmer vergibt, zeigte sich optimistisch, dass das Ziel der Vereinten Nationen zur Halbierung der Armut in der Welt bis 2015 erreicht werden kann. "Wenn in Heiligendamm die richtigen Entscheidungen getroffen werden, schaffen wir es sogar früher."

"Wir kommen nicht, um zu betteln"

Auch Vertreter aus Afrika kamen in Rostock zu Wort. Kimi Naidoo aus Südafrika, Sprecher der "Weltweiten Aktion gegen Armut", zu der auch Grönemeyers Initiative "Deine Stimme gegen Armut" gehört, sprach von einem "passiven Genozid" auf dem "Schwarzen Kontinent". "Jeden Tag sterben fünf Mal so viele Menschen an Armut wie bei den Anschlägen am 11. September. Warum gibt es dafür nicht die gleiche Solidarität wie damals?" Die Armut heute sei eine Folge der Aufteilung Afrikas unter den europäischen Kolonialmächten. "Wir kommen also nicht um zu betteln, sondern um Gerechtigkeit zu bekommen." Betteln will auch Sänger Youssou N'Dour aus dem Senegal nicht: "Afrika möchte keine Almosen. Wir glauben, dass die Hilfen Investitionen sind. Die G8 haben jetzt noch 24 Stunden Zeit zu sagen, was sie tun werden. Afrika hört zu."

Für das Publikum in Rostock gab es nicht nur politische Botschaften, sondern auch eine stimmungsvolle Wiedergutmachung für die Krawalle, die vielen in der Stadt noch in den Knochen steckten. Endlich gingen fröhliche und harmonische Bilder aus der Hansestadt um die Welt. (Von Axel Büssem und Caroline Bock, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false