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© dpa

G-8-Proteste: "Misstrauen auf beiden Seiten"

Nach den Gewaltsexzessen vom Wochenende hält die Debatte um die Polizeitaktik gegenüber G-8-Kritikern an. Nun soll offenbar eine massive Polizeipräsenz weitere Protestzüge absichern.

Rostock - Rostocks Polizeiführung ist nach den schweren Krawallen bei den Anti-G8-Protesten vom Samstag besorgt. Sie geht davon aus, dass sich noch über 2000 potenzielle Gewalttäter aus dem In- und Ausland in den Camps im Bereich der Hansestadt aufhalten. Diese hätten sich am Montag größtenteils vermummt bei einer Demonstration vor einem Asylbewerberheim versammelt, um dort gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung zu protestieren, hieß es. Polizeiführer Knut Abramowski zufolge seien es größtenteils Beteiligte an den Gewaltattacken vom Samstag.

Nach ddp-Informationen dürften bei der Demonstration vor dem Asylbewerberheim jedoch maximal 250 Personen dem so genannten "Schwarzen Block" zuzurechnen sein. Die Kundgebung war organisiert worden, weil vor 15 Jahren Rechtsradikale ein Asylbewerberheim im Stadtteil Lichtenhagen angezündet hatten. Die Polizei hatte damals stundenlang nicht eingegriffen.

G-8-Gegner in der Medienoffensive

Die offiziellen G8-Gegner sind jedenfalls um Transparenz bemüht. Auf Spekulationen, dass erneut Ausschreitungen den Protest der friedlichen Globalisierungskritiker in den nächsten Tagen überschatten könnten, reagierten sie mit einer Reihe von Pressekonferenzen im Stadthafen. Die Anti-G8-Szene hat ein alternatives Medienzentrum eingerichtet, über Aktionen wird per SMS und Email informiert.

Attac räumte Fehler ein und entschuldigte sich nochmals für die Krawalle, bei denen es am Samstag nahezu 1000 Verletzte gegeben hatte. Es hätte "mit viel größerer Klarheit formuliert werden sollen", dass man Gewalttäter nicht dabei haben wolle, sagte Sprecher Peter Wahl.

Auseinandersetzungen provoziert?

Dennoch gibt es - zum Teil anonym per Email - aus dem Kreis der Demonstranten Vorwürfe gegen die Polizei. Eine Gruppe berichtete von einem Video, das angeblich die Straßenschlachten von Rostock in ein neues Licht stellt. Die Bilder sollen belegen, dass die Polizei die Auseinandersetzungen provoziert habe. Unter Verweis auf einen Augenzeugen wurde gar spekuliert, dass die Polizei die Festnahme selbst inszeniert habe, um die Lage anzuheizen.

Die Rostocker Polizei verteidigte derweil ihr Einsatzkonzept. Ansonsten hielt sie sich zu Strategiefragen bedeckt. Pressekonferenzen gab es keine. Das Ziel, die Gewalttäter nicht in die Innenstadt gelangen zu lassen, sei erreicht worden, sagte Abramowski.

"Die Polizei ist nicht unser Gegner"

Christoph Kleine von der Initiative Block G8 betonte, oberstes Ziel seien weiterhin friedliche Proteste. Es würden alle möglichen Kanäle genutzt, um weitere Ausschreitungen zu verhindern, versicherte er. Kleine kündigte für die nächsten Tage Blockadeaktionen rund um den G8-Tagungsort Heiligendamm an, die nicht auf Gewalt ausgelegt seien: "Die Polizei ist nicht unser Gegner."

Nach den Worten Manfred Stenners von der Demoleitung hängt es an einem "seidenen Faden, ob die Proteste friedlich bleiben", da sich auch die Polizei "nicht immer fair" verhalte. Die Situation solle unter anderem durch "kleine vertrauensbildende Maßnahmen" zwischen Polizei und Camps entspannt werden.

Deeskalationsstrategie gescheitert?

Augenzeugenberichten von Reportern und Pressefotografen zufolge waren die Aktionen von G8-Gegnern am Sonntag und am Montag von auffällig starker Polizeipräsenz begleitet. Die Beamten seien den Demonstranten teilweise zahlenmäßig deutlich überlegen und verhielten sich nervös. Es herrsche offenkundig "Misstrauen auf beiden Seiten".

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) verlangte inzwischen eine Überprüfung der Polizeistrategie. Gewerkschaftschef Wolfgang Speck sagte: "Wir müssen uns sehr intensiv Gedanken machen, ob eine Deeskalationsstrategie wie bisher noch angebracht ist." Im Umfeld von Demonstrationen sei "ein energischeres Auftreten und mehr Präsenz" erforderlich. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte Konsequenzen für den G8-Gipfel in Heiligendamm. Innenminister Lorenz Caffier hält an der bisherigen Polizeitaktik fest. Für eine Änderung sehe man keine Veranlassung, sagte Caffier.

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