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G8: Historischer Schuldenerlass für ärmste Länder

Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) haben sich auf einen 100-prozentigen Schuldenerlass für die ärmsten Staaten geeinigt. Insgesamt geht es um die Schulden von 37 Ländern in Höhe von 55 Milliarden US-Dollar.

London (11.06.2005, 22:07 Uhr) - «Dies ist in der Tat ein historischer Beschluss», sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel am Samstag in London nach dem Treffen der G8-Finanzminister.

Der britische Finanzminister Gordon Brown nannte die Vereinbarung die umfassendste im weltweiten Kampf gegen die Armut. «Dies ist nicht die Zeit für Ängstlichkeit, sondern für Mut», sagte er weiter. Großbritannien hat derzeit die G8-Präsidentschaft inne und machte sich in dessen Rahmen seit Monaten für den Schuldenerlass besonders stark.

Nach den Angaben entfallen die Schulden von 18 Ländern in Höhe von 40 Milliarden Dollar bei der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Afrikanischen Entwicklungsbank mit sofortiger Wirkung. Dazu gehören unter anderem Uganda, Niger, Ruanda oder Äthiopien. Der Schuldenerlass für die weiteren Länder tritt in Kraft, wenn auch diese Staaten die Bedingungen einer «guten Regierungsführung», dazu gehört etwa der erfolgreiche Kampf gegen Korruption, erfüllen.

Die durch den Schuldenerlass entstehenden Löcher bei den internationalen Finanzinstitutionen sollen mit Mitteln der G8-Staaten und auch der Ölförderländer gestopft werden. «Die armen Länder leiden unter den hohen Ölpreisen am meisten», sagte Eichel. Deshalb seien die Ölförderländer neben den reichen Industrieländern auch besonders gefordert, sich an den Kosten der Entschuldung zu beteiligen. Nach den Worten Eichels beträgt der deutsche Anteil an dem Schuldenerlass innerhalb der kommenden zehn Jahre insgesamt zwischen 700 und 950 Millionen Euro.

Zunächst hatte es in London wegen deutschen Widerstands nicht nach einer Einigung ausgesehen. Es seien harte Verhandlungen gewesen, aber Deutschland habe letztlich zugestimmt, weil nun eine solide Finanzierung sichergestellt sei und die internationalen Finanzinstitutionen weiter handlungsfähig blieben, sagte Eichel. Dies sei Bedingung für einen erfolgreichen Abschluss gewesen. Jetzt werde weiter über zusätzliche Finanzquellen für die Entwicklungshilfe verhandelt. Dabei spiele der europäische Vorschlag einer Steuer auf Flugtickets weiter eine wichtige Rolle, sagte Eichel.

Die Finanzminister aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Deutschland, Italien, Japan sowie Russland waren in der britischen Hauptstadt zusammengetroffen, um den G8-Gipfel Anfang Juli in Gleneagles in Schottland vorzubereiten, wo auch der Schuldenerlass im Mittelpunkt stehen soll.

Der britische Rockstar Bob Geldof, der sich seit vielen Jahren für die Afrikahilfe einsetzt, sagte: «Morgen werden 280 Millionen Afrikaner zum ersten Mal in ihrem Leben aufwachen, ohne Ihnen oder mir einen Pfennig zu schulden.» Die Schuldenlast habe sie und ihre Länder «verkrüppelt». Der Musiker plant 20 Jahre nach dem von ihm organisierten «Live Aid»-Konzert zur Bekämpfung des Hungers in Afrika im Vorfeld des G8-Gipfeltreffens (6.-8. Juli) für den 2. Juli eine Reihe von Popkonzerten in Europa und den USA mit zahlreichen Stars wie Madonna, U2 oder Paul McCartney. (tso)

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