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Muss vorerst verzichten. Das Russland Präsident Putins wird vom Westen mit Sanktionen belegt, die auch deutsche Rüstungsfirmen betreffen.

© AFP

Gabriel stoppt Rüstungsexport: Moskau: Gefechtsübungszentrum ohnehin fast fertig

Das Rheinmetall-Geschäft mit Russland hatte Berlin schon länger im Visier, nun hat es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gestoppt. Das russische Außenministerium gibt nun an, das geplante Gefechtsübungszentrum sei zu 95 Prozent realisiert.

Von Antje Sirleschtov

Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, hätte das deutsche Unternehmen Rheinmetall noch in diesem Herbst östlich von Moskau der russischen Armee ein hochmodernes Gefechtsübungszentrum zur Ausbildung von Soldaten übergeben. Ein Teil des Zentrums wurde dem Vernehmen nach bereits geliefert. Deswegen liegen die Aussagen der russischen Regierung nahe, dass das deutsche Unternehmen gar nicht mehr für den Abschluss des Projekt benötigt wird.

Von deutscher Seite wurde der Deal allerdings schon Anfang Juni von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gestoppt. Wegen der sich zuspitzenden Ukraine-Krise untersagte das Ministerium von Gabriel – nach ersten Gesprächen mit Rheinmetall ab März – die Lieferung der letzten und entscheidenden Teile zur Inbetriebnahme des Gefechtsübungszentrums. Und zwar, wie Gabriel am Montag mitteilte, mit voller Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Seit Ende vergangener Woche sind von den EU-Ländern beschlossene weitreichende Sanktionen gegenüber Russland in Kraft. Von diesen Liefersanktionen sind bereits beschlossene Geschäfte ausgenommen. Das Rheinmetall-Zentrum allerdings schien der Bundesregierung ein Geschäft zu sein, das unter keinen Umständen mit dem Geist der Sanktionen in Einklang hätte gebracht werden können. Schließlich könnte Moskau in diesem Übungszentrum auch Kämpfer gegen die Ukraine ausbilden.

Inzwischen reagierte Moskau auf den Stopp des Projekts. Das von der Bundesregierung verfügte Ende des Deals hat dem russischen Verteidigungsministerium zufolge keine Auswirkungen auf den Betrieb der Anlage. „Zur Zeit sind alle Objekte zu 95 Prozent fertig. Am 1. September beginnt die Testphase, und bis zum 1. Dezember ist alles betriebsbereit“, sagte Generalleutnant Juri Petrow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Was von Deutschland jetzt nicht geliefert werde, erhalte die Armee von der einheimischen Rüstungsbranche. Russische Medien zufolge kostet die Anlage in Mulino rund 350 Kilometer östlich von Moskau insgesamt sieben Milliarden Rubel (etwa 146 Millionen Euro).

Russland droht „wegen Vertragsbruchs“ mit einer Schadenersatzklage.

Die Dokumente für eine Klage würden vorbereitet, sagte Vizeverteidigungsminister Juri Borissow in Moskau. In Deutschland sind sich Koalition und Opposition aber weitgehend einig: Der Stopp des Rheinmetall-Geschäfts war richtig. Als „sinnvoll“ bezeichnete der CDU-Rüstungsexperte Roderich Kiesewetter die Entscheidung Gabriels. Auch Vertreter von SPD und Linken stimmten zu, wenngleich ihnen der Schritt nicht weit genug geht. Ein Beweggrund für die Unterstützung mag dabei auch sein, dass Deutschland politischen Druck auf Frankreich ausübt, ein geplantes Milliarden-Flugzeuggeschäft mit Russland wegen der Ukraine-Krise auf Eis zu legen.

Berlin will mit der Rheinmetall-Entscheidung zeigen, dass man mit gutem Beispiel vorangeht. Selbst der Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), der Lobby-Verband der deutschen Rüstungsindustrie, wollte am Montag nichts Kritikwürdiges am Vorgehen der Bundesregierung sehen. Und das, obwohl der Präsident des Verbandes Armin Papperger heißt und im Hauptberuf Vorstandschef bei der betroffenen Rheinmetall ist.

Offen bleibt indes, ob das Unternehmen sich die Absage von der Bundesregierung bezahlen lassen will. Das Geschäft war weder über Hermes-Ausfallbürgschaften abgesichert noch fällt es unter das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Entschädigungen vorsieht. Rheinmetall selbst wollte sich dazu nicht äußern. Denkbar ist allerdings auch, dass das Unternehmen die noch fehlenden Ausrüstungsteile für das Gefechtsübungszentrum noch einige Monate in den heimischen Lagern aufbewahrt, auf eine Besserung der politischen Beziehungen mit Moskau wartet und die Lieferung danach erneut beantragt. Man sei in Gesprächen, hieß es bei Rheinmetall und dem Wirtschaftsministerium.

Russland denkt allerdings bereits über Schadenersatzklagen nach. Wegen Vertragsbruchs werde das russische Verteidigungsministerium vor Gericht ziehen, sagte der Agentur Interfax zufolge ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter der Behörde am Montag in Moskau. Das Übungszentrum solle nun von russischen Unternehmen fertiggestellt und in Betrieb genommen werden. (mit DPA)

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