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Der doppelte Gabriel: Heute noch Wirtschaftsminister, morgen schon Außenminister.

© Reuters

Gabriels letzte Rede als Wirtschaftsminister: "Eine gewisse Erlösung ist zu spüren - auf beiden Seiten"

Bei seiner letzten Rede als Wirtschaftsminister erntet Sigmar Gabriel von Norbert Lammert Lob für seine Souveränität bei der K-Frage. Gabriel reagiert gefühlig.

Es ist seine letzte Rede als Wirtschaftsminister. Bevor Sigmar Gabriel am Donnerstag ans Rednerpult darf, ergreift Norbert Lammert das Wort. Der Bundestagspräsident zollt Gabriel Respekt für seinen spektakulären Schritt, den SPD-Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur an Martin Schulz abzugeben. „Das kann ihnen nicht ganz leicht gefallen sein“, meint Lammert. Er wolle Gabriel ausdrücklich zu der Souveränität der Entscheidung gratulieren. Kanzlerin Angela Merkel, neben Gabriel auf der Regierungsbank, klatscht und lächelt.

Der Goslarer zeigt Gefühl: „Ich geb' zu, dass mich das eben berührt hat.“ Eine gewisse Erlösung sei nun aber auch zu spüren: „Auf beiden Seiten. Manchmal ist man irritiert, wie viele Leute klatschen, wenn man zurücktritt“, meint Gabriel, der sich im Parlament oft verbale Schlachten vor allem mit Linken und Grünen geliefert hat.

Der 57-jährige Vizekanzler bleibt dem Bundestag erhalten. Am Freitag wird er als neuer Außenminister vereidigt - will aber seine Zunge zügeln. Frank-Walter Steinmeier habe ihm gesagt, im künftigen Amt müsse er diplomatischer werden: „Wir müssen uns dann einfach außerhalb des Hauses treffen“, ruft Gabriel den Abgeordneten zu. „Viel Erfolg! Das waren gute Jahre im Wirtschaftsministerium"

Gabriel warnt vor einem Scheitern der Europäischen Union

In seiner Rede warnte der künftige Außenminister vor einem Scheitern der Europäischen Union (EU). Die Europafeindlichkeit habe ein gefährliches Ausmaß angenommen, sagte der scheidende Wirtschaftsminister und SPD-Chef am Donnerstag in einer Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht. "Die französischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr sind bittere Schicksalswahlen für Europa", sagte Gabriel. "Wenn es den Europafeinden nach dem Brexit ein weiteres Mal gelingt, in den Niederlanden oder Frankreich Erfolge zu verzeichnen, dann droht uns wirklich das Auseinanderfallen des größten Zivilisationsprojektes des 20. Jahrhunderts, nämlich der Europäischen Union."

Das europaorientierte und auf internationale Kooperation setzende Deutschland wäre nach Gabriels Worten dann isoliert und einsam. "Nach Großbritannien und den USA würden uns weitere Partner verloren gehen", sagte Gabriel. "Man kann die Lage gar nicht dramatisch genug empfinden."

Gabriel rief mit Blick auf den Bundestagswahlkampf zu Fairness auf. "Wir sind hier politische Wettbewerber, aber wir sind keine politischen Feinde", sagte Gabriel. "Aber da kommen welche, die sich uns zum Feind gemacht haben." Wahlkampf sei keine Klosterschule. Anstand und Respekt könne man sich im Wahlkampf auch zollen, wenn man unterschiedlicher Meinung sei. (Reuters, dpa)

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