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GANZ NIEDRIG UND GANZ HOCH Stundenlöhne und Managergehälter: Mindestlohn bald auch für Altenpfleger?

Arbeitgeber und Verdi sprechen im Januar über Bezahlung des Personals / CDU dafür

Berlin - Die Gewerkschaft Verdi dringt nun auch auf einen Mindestlohn für Pflegekräfte. Schon für Anfang Januar sei ein Treffen mit den Arbeitgebern geplant, um dafür die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke dem Tagesspiegel. Auch in der Union begrüßt man diese Pläne. Wenn man einen Tariflohn vereinbaren und diesen dann für allgemeinverbindlich erklären könne, wäre das „eine gute Sache“, sagte der pflegepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Willi Zylajew (CDU), dem Tagesspiegel. „In der Pflege darf der Wettbewerb nicht über Löhne gehen.“ Nach den Vorstellungen des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe sollte den Pflegekräften ein Stundenlohn von mindestens neun Euro garantiert werden.

Interesse an Mindestlöhnen hätten auch die Wohlfahrtsverbände , die sich zunehmend einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt sähen, betonte Paschke. So zahlten private Anbieter ambulant tätigen Pflegekräften in Mecklenburg-Vorpommern inzwischen Stundenlöhne von gerade mal vier Euro. In Westdeutschland und Berlin lägen die Sätze bei 5,50 bis 6,50 Euro. Die „Gehaltserosion“ im Pflegesektor hänge aber auch damit zusammen, dass beispielsweise kirchliche Anbieter die Arbeit in Tochtergesellschaften auslagerten und sich von dort dann mit billigeren Pflegekräften eindeckten.

Nach Angaben des Berufsverbands für Pflegeberufe erhalten selbst Fachkräfte in Alten- und Pflegeheimen immer öfter sittenwidrige Entgelte. Teilweise lägen die unter einem Drittel des branchenüblichen Tariflohns. Mit einem Mindestlohn lasse sich das „unzumutbare Lohndumping“ stoppen und die Attraktivität des Pflegeberufs verbessern, sagte Verbandsgeschäftsführer Franz Wagner. Gleichzeitig könne man dem Trend, immer mehr ungelernte Arbeitskräfte einzusetzen, entgegenwirken. Die Arbeiterwohlfahrt bestätigte, sich in entsprechenden Gesprächen mit Verdi zu befinden. „Es geht uns um einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag für Pflegefachkräfte“, sagte AWO-Sprecher Peter Kuleßa.

Eile ist für Verdi auch deshalb geboten, weil die Aufnahme in das Entsendegesetz in den nächsten drei Monaten beantragt sein muss. Bis zum 31. März muss geklärt sein, ob der Pflegesektor dafür die Voraussetzungen erfüllt. Bedingung für die Aufnahme ist etwa, dass entsprechende Tarifverträge jeweils mehr als 50 Prozent der Beschäftigten erfassen. In diesem Fall können dann tarifvertraglich vereinbarte Mindestlöhne auf alle betroffenen Arbeitnehmer ausgeweitet werden.

Das Problem: Die Kirchen vereinbaren ihre Löhne nicht mit den Gewerkschaften. Es sei also die Frage, ob man die Pflegekräfte kirchlicher Verbände als nicht tarifgebunden mitzählen müsse, sagte Paschke. In diesem Fall sei die 50-Prozent-Marge zur Aufnahme ins Entsendegesetz kaum zu schaffen. Dies zum K.-O.-Kriterium zu machen, wäre aber „absurd“, meinte der CDU-Experte Zylajew. Schließlich seien die kirchlichen Gehaltsstrukturen normalerweise „angelehnt an die geltenden Tarife“.

Immerhin hat die Regierung mit der Pflegereform eine Art Mindestlohn eingezogen. Pflegesatzverhandlungen dürfen demnach nur noch mit Trägern geführt werden, die ortsübliche Löhne bezahlen. Die übliche Lesart für solche Formulierungen sei, dass es sich bei den ortsüblichen Löhnen um Tariflöhne handelt, heißt es im Gesundheitsministerium. Wenn dies nicht funktioniere, könnten Arbeitgeber und Gewerkschaften aber auch Konkreteres vereinbaren, sagte Ministeriumssprecher Klaus Vater.

Im Streit um den Post-Mindestlohn ist am Donnerstag klar geworden, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Die Pin AG, Konkurrentin der Deutschen Post, teilte mit, sie habe das Bundeskartellamt eingeschaltet, um die Ausweitung des Mindestlohns auf die gesamte Postbranche zu untersagen.

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