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Un-Hauptquartier brennt

© dpa

Gaza: Israel beschießt UN-Hauptquartier - Olmert äußert Bedauern

Die Palästinenser im Gazastreifen haben am heutigen Donnerstag den schlimmsten Tag seit Beginn der Kämpfe erlebt. Israel verschärfte seine Angriffe in der Stadt Gaza dramatisch. Auch das UN-Hauptquartier, ein Krankenhaus und ein Pressehaus wurden beschossen.

Ungeachtet intensiver Bemühungen um eine Feuerpause hat Israel am Donnerstag die Angriffe in der Stadt Gaza dramatisch verschärft. Während UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sich in Tel Aviv um Vermittlung bemühten, beschoss die israelische Armee in Gaza das UN-Hauptquartier, ein Krankenhaus sowie ein Haus mit internationalen Medienbüros. Die Bewohner Gazas erlebten am Ende der zweiten Woche der Kämpfe den schlimmsten Tag. Rund 40.000 Einwohner waren nach UN-Angaben auf der Flucht und versuchten, etwa in UN-Schulen und Gebäuden von Hilfsorganisationen Schutz zu finden.

Die Zwischenfälle lösten weltweit Empörung aus. Ban erklärte bei einer Pressekonferenz in Tel Aviv, er habe der israelischen Führung deutlich seine Empörung des UN-Gebäudes deutlich gemacht. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert äußerte Bedauern über den Vorfall. Ein Internet-Portal zitierte ihn aber mit der Behauptung, die israelischen Soldaten seien aus dem UN-Komplex heraus beschossen worden. Der Sprecher des UN-Hilfswerks UNRWA, Chris Gunness, wies diese Darstellung als "jeder Grundlage entbehrend" zurück.

Steinmeier fordert sofortige Feuerpause

Der UN-Generalsekretär erklärte gleichzeitig, alle Bestandteile für eine Waffenruhe im Gazastreifen seien vorhanden und diese werde "in absehbarer Zeit" erwartet. Steinmeier betonte auf seiner zweiten Nahost-Mission in nur wenigen Tagen die Bedeutung einer sofortigen Feuerpause. "Ich habe den Eindruck, dass man auch in Israel weiß, dass wir zu einem Ende der Kampfhandlungen kommen müssen." Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zeigte sich nach einem Gespräch mit Steinmeier in Ramallah zuversichtlich, dass es in den kommenden Tagen zu einer politischen Lösung kommt.

Der israelische Unterhändler Amos Gilad sprach in Kairo mit ägyptischen Regierungsvertretern über die Bedingungen für eine Waffenruhe. Dabei gaben die Ägypter dem Vernehmen nach die Bedingungen der Hamas für eine Waffenruhe weiter. Die Hamas soll eine Feuerpause von sechs bis zwölf Monaten angeboten haben. Das Hamas-Politbüromitglied im Exil, Mohammed Nassal, sagte dem Sender Al-Arabija, seine Organisation werde keinesfalls auf die israelische Forderung nach einer unbegrenzten Waffenruhe eingehen. Nach langem diplomatischen Hin und Her einigten sich die arabischen Staatschef darauf, am kommenden Montag bei ihrem Wirtschaftsgipfel in Kuwait über eine Beilegung des Gaza-Konflikts sprechen zu wollen.

Fast jedes dritte Todesopfer ist ein Kind

In dem UN-Gebäude in Gaza, das auch ein riesiges Treibstofflager für die UN-Fahrzeuge beherbergt, waren nach Angaben von UN- Mitarbeitern drei Phosphorbomben eingeschlagen. Etwa 700 Menschen mussten evakuiert werden. Die UN-Hilfsorganisationen stellten alle Tätigkeiten in Gaza ein. Im Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza, das ebenfalls beschossen wurde, brach ein Brand aus, der erst nach mehreren Stunden gelöscht werden konnte. Die Zahl der bei der israelischen Offensive Getöteten stieg nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza bis zum Nachmittag auf 1070, nach Zählung des UN-Kinderhilfswerks UNICEF davon rund 300 Kinder.

Am Donnerstag schlug eine israelische Granate in einem Hochhaus ein, in dem Medienunternehmen, darunter die Nachrichtenagentur Reuters sowie der Fernsehsender Al-Arabija, ihre Büros haben. Dabei wurden zwei Mitarbeiter des emiratischen Fernsehsenders Abu Dhabi TV verletzt. Die Auslandspressevereinigung (FPA) in Israel protestierte gegen den Beschuss des Gebäudes. Zugleich rief sie die Weltmedien dazu auf, solange kein vom israelischen Militär zur Verfügung gestelltes Bild- und Video-Material zu verwenden, bis dieses sich für den Angriff auf das Mediengebäude entschuldigt.

Schwere Gefechte in der Nähe des Stadtzentrums

Bodentruppen rückten am 20. Tag der Offensive massiv in Richtung Stadtzentrum vor. Dies löste in der Bevölkerung Panik aus. Panzer standen nach Augenzeugenberichten nur noch eineinhalb Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Im ganzen südlichen Stadtgebiet brannten demnach zahllose Wohnungen und Autos. Menschen riefen von Balkonen um internationale Hilfe. Ambulanzen und Sanitäter konnten das Gebiet wegen der schweren Kämpfe nicht mehr erreichen. Militante Palästinenser und Soldaten lieferten sich schwere Gefechte. Während die Panzer weiter vorrückten, feuerten militante Palästinenser mehr als 20 Raketen auf Israel ab. Dabei wurden in der südisraelischen Stadt Beerschewa sechs Israelis verletzt, zwei davon schwer.

Das israelische Militär rief unterdessen ein Spezialteam für den Wiederaufbau im Gazastreifen nach einer eventuellen Waffenruhe ins Leben. Der Kommandeur der Süd-Streitkräfte, General Joav Galant, habe einen entsprechenden Befehl erteilt, teilte das Militär am Donnerstag mit. Die Gruppe werde "humanitäre und Infrastruktur-Bemühungen unterstützen, die der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen dabei helfen, ihre Infrastruktur wieder aufzubauen, um ein normales Leben führen zu können", hieß es in der Mitteilung. (ut/dpa)

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