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Gazastreifen: Olmert kündigt "extreme Mittel" an

Mit Angriffen aus der Luft und zu Lande hat Israel seine angekündigte Großoffensive im Gazastreifen eingeleitet. Der israelische Regierungschef Ehud Olmert kündigte "extreme Mittel" zur Befreiung des 19-jährigen Soldaten an.

Gaza/Jerusalem - Panzer, Transportfahrzeuge und Planierraupen stießen mehrere Kilometer weit in den Süden des Palästinensergebiets vor, wo ein am 25. Juni verschleppter israelischer Soldat vermutet wird. Die Luftwaffe zerstörte Straßen und Brücken im Zentrum des Autonomiegebiets und machte das Elektrizitätswerk im Flüchtlingslager Nusseirat, über das 70 Prozent des Stroms im Gazastreifen verteilt wird, dem Erdboden gleich. Am Nachmittag bombardierten israelische Flugzeuge ein Trainingslager der radikalislamischen Hamas in Rafah, später umstellte Militär ein Haus in Ramallah im Westjordanland.

Die Al-Aksa-Brigaden haben nach eigenen Angaben einen weiteren Israeli entführt. Der 62-jährige Siedler Rischon Letzion sei in der Nähe von Tel Aviv entführt worden, sagte ein Vertreter der Al-Aksa-Brigaden. Nach der Entführung eines Soldaten und eines Siedlers im Westjordanland wäre es der dritte Israeli in Händen von palästinensischen Extremisten. Die Al-Aksa-Brigaden sind eine bewaffnete Gruppe, die in Verbindung mit der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas steht. Der israelische Justizminister Haim Ramon sagte dem privaten Fernsehsender "10", seine Regierung habe derzeit "keinerlei Informationen über diese Angelegenheit".

Der israelische Regierungschef Ehud Olmert kündigte "extreme Mittel" zur Befreiung des 19-jährigen Soldaten an. Israel werde mit keiner terroristischen Gruppe über die Freilassung des Soldaten verhandeln. Es bestehe jedoch nicht die Absicht, den vor zehn Monaten geräumten Gazastreifen erneut zu besetzen, sagte er. Der Minister für Innere Sicherheit, Avi Dichter, drohte mit gezielten Angriffen auf Hamas-Mitglieder in Syrien. Nach Warnungen an Syrien, die ignoriert worden seien, habe Israel freie Hand, "diese Mörder zu treffen".

15 Stunden nach Beginn der Offensive sagte der Kommandeur der Militärregion Süd, General Joav Galant, der Armeeeinsatz solle verhindern, dass die Geiselnehmer den in ihrer Gewalt befindlichen Gilad Schalit an einen anderen Ort brächten. Israelische Soldaten besetzten auch das Gelände des Flughafens von Rafah, der seit einem früheren Angriff nicht mehr in Betrieb ist. An der von Kampfhubschraubern unterstützten Offensive waren am Boden etwa 5000 Soldaten von Eliteregimentern beteiligt.

In einem Vorort von Ramallah jagten in 30 Geländewagen angerückte israelische Soldaten das Portal eines dreigeschossigen Hauses mit Sprengstoff in die Luft. Sie zwangen die Bewohner, ihre Waffen niederzulegen und das Gebäude mit erhobenen Händen zu verlassen. Nach Angaben des israelischen Fernsehens stand die Militäraktion im Zusammenhang mit der Entführung des 18-jährigen Elijahu Ascheri, eines Bewohners der im nördlichen Westjordanland gelegenen jüdischen Siedlung Itamar. Der Sprecher der militanten Palästinenserorganisation Volkswiderstandskomitees, Abu Abir, zeigte während einer Pressekonferenz in Gaza zum Beweis der Geiselnahme die Kopie von Ascheris Ausweis. Er drohte mit dessen Tötung, falls Israel die Offensive im Gazastreifen fortsetze.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wertete die Angriffe auf zivile Ziele und die Infrastruktur nach Angaben seines Sprecher Nabil Abu Rudeina als "Kollektivstrafe" für das gesamte palästinensische Volk. Der Vorsitzende von Abbas' Fatah im Gazastreifen, Abdallah Frangi, machte Israel für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Die Hamas-Regierung bezeichnete den Einsatz als "ungerechtfertigt". Ein "militärischer Wahnsinn diesen Ausmaßes" werde "schwere Konsequenzen" nach sich ziehen, sagte Hamas-Sprecher Ghasi Hamad der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa. Vize-Regierungschef Nassereddin al Schaer rief die Entführer auf, den Soldaten am Leben zu lassen. Sein Leben hänge jedoch von der israelischen Regierung ab, sagte er in Ramallah. In Nablus im Westjordanland forderten Hunderte von Palästinensern während einer Demonstration, den Soldaten gut zu behandeln, aber nicht an Israel zu übergeben.

Für den US-Präsidenten George W. Bush sagte dessen Sprecher Tony Snow, Israel habe "das Recht, sich und das Leben seiner Bürger zu verteidigen". Er rief die Hamas auf, den Soldaten "sofort" freizulassen. (tso/AFP/ddp)

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