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Gebäudesanierung: Häuser als Klimaretter

Das Expertengutachten lehrt: In der energetischen Gebäudesanierung, nicht in der Kernkraft liegen die Chancen für die Umwelt.

Alle reden von der Laufzeitverlängerung. Doch die größten Effekte für den Klimaschutz bringt die Sanierung von Altbauten. „Die starke Fixierung auf die Kernenergie wird dem Thema nicht gerecht“, hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Montag gesagt, als er das Gutachten der drei Forschungsinstitute vorstellte, auf dessen Grundlage die Bundesregierung ihr Energiekonzept erarbeiten will.

Die höchsten Investitionen in die energetische Sanierung des Gebäudebestands haben die Gutachter vom Energiewissenschaftlichen Institut der Universität Köln (EWI), Prognos und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) übrigens in dem Szenarium unterstellt, das eine 20-jährige Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke und nur geringe Nachrüstkosten für die Meiler vorsieht. Das heißt, sie scheinen selbst davon auszugehen, dass die Klimaschutzeffekte durch die Laufzeitverlängerung nicht ausreichen, um die Ziele des Klimaschutzprogramms zu erreichen – weshalb die energetische Gebäudesanierung stärker ins Spiel gebracht wird. Tatsache ist aber auch, dass alle Szenarien mit einer Laufzeitverlängerung eine Sanierungsrate von zwei Prozent unterstellen – derzeit liegt sie gerade mal bei 1,1 Prozent. Im Referenzszenario ohne Laufzeitverlängerung nehmen die Gutachter eine weitere Halbierung der Sanierungsrate auf 0,5 Prozent an. Begründet wird das nicht. Vielleicht haben sie aber die Vorgaben des am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Haushaltsbegleitgesetzes bis 2050 in die Zukunft gerechnet. Denn von 2011 an soll der Etat für die energetische Altbausanierung gedrittelt werden, statt rund 1,2 Milliarden Euro im Jahr stehen nur noch rund 430 Millionen Euro als Fördermittel dafür zur Verfügung.

Um die Klimaschutzziele mit oder ohne Laufzeitverlängerung zu erreichen, muss der Energieverbrauch für die Heizung und die Warmwassererzeugung deutlich sinken. Da die Gutachter davon ausgehen, dass zwar die Bevölkerungszahl bis 2050 um rund neun Millionen Menschen sinken wird, diese aber vermutlich in noch mehr kleinen Haushalten leben werden, erwarten sie, dass die Wohnfläche nicht wesentlich sinkt. Da die Neubaurate bei einer sinkenden Bevölkerung gering bleiben wird, kommt der Altbausanierung bei der Erreichung dieses Ziels eine entscheidende Bedeutung zu. Im Klimaschutzprogramm der damaligen großen Koalition sind drei Instrumente eingesetzt worden, um das Problem zu lösen: Zum einen ist die Energieeinsparverordnung (EnEV) verschärft worden. Sie legt Mindeststandards für die Energieeffizienz von Neubauten fest. Zudem ist mit dem Erneuerbaren Wärmegesetz festgelegt worden, dass in Neubauten ein bestimmter Anteil der Wärme aus erneuerbaren Energien gedeckt werden muss. Für die Altbausanierung ist ein Förderprogramm aufgelegt worden, das die bundeseigene Förderbank KfW verwaltet hat und das seit der Einführung fast in jedem Jahr voll ausgeschöpft wurde. Da die Gebäudesanierung überwiegend Arbeitsplätze in Deutschland schafft und ein Vielfaches der Fördersumme an Investitionen ausgelöst hat, gilt das Programm als sehr erfolgreich.

Das Gleiche gilt für das Marktanreizprogramm, mit dem der Einsatz von erneuerbaren Energien beim Austausch einer Heizung oder im Rahmen einer energetischen Sanierung gefördert werden kann. Allerdings sind beide Programme massiven Kürzungen zum Opfer gefallen. Womöglich wird das Kabinett in seinem Energiekonzept die Programme jedoch wieder vergrößern. Denn Förderprogramme sind wohl das einzige Instrument, das ohne großen Widerstand umgesetzt werden kann. Ähnliches gilt für steuerliche Anreize, die Gebäudebesitzer zu einer Sanierung bewegen könnten.

Die drei Gutachter schlagen darüber hinaus vor, die EnEV weiter zu verschärfen und ihre Reichweite zu erhöhen. Die Verordnung müsste dann nicht mehr nur bei Neubauten und grundlegenden Sanierungen beachtet werden, sondern auch schon dann, wenn nur eine Heizung ausgetauscht werden soll. Damit die EnEV eingehalten wird, müsste sie allerdings kontrolliert werden. Dafür sind die Länder zuständig, und bisher ist die EnEV nie systematisch kontrolliert worden. Eine eigene Baupolizei werden die Länder aber wohl kaum dafür aufbauen wollen. Der Aufwand wäre wohl geringer, wenn die Schornsteinfeger mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet würden.

Als eines der großen Hindernisse benennen EWI, Prognos und GWS das „Mieter-Vermieter-Dilemma“. Sanieren muss der Hausbesitzer. Doch der Mieter hat den Vorteil sinkender Heizkosten. Zwar dürfen Vermieter Sanierungskosten auf die Miete umlegen, allerdings nicht in vollem Umfang und auch nicht in einer Höhe, die eine schnelle Refinanzierung möglich machen würde. „Entsprechende Veränderungen im Mietrecht könnten hier Abhilfe schaffen“, schreiben die Gutachter. Allerdings dürfte das einen Sturm der Entrüstung auslösen. Und wenn Mieter auf die Barrikaden gehen, dürfte es dem Bundestag schwerfallen, entsprechende Gesetze zu beschließen.

Die Gutachter schlagen deshalb zudem steuerliche Abzüge für die Hausbesitzer vor. Auch Contracting-Modelle könnten zum Einsatz kommen, schreiben sie. Dabei geht es um Verträge, mit denen eine Firma das Finanzierungsrisiko für die Sanierungskosten übernimmt, dafür über einen Zeitraum von zehn oder 20 Jahren hinweg die Differenz zwischen den gesparten Energiekosten und den ursprünglichen Energiekosten nutzt, um die Investition zu refinanzieren. Solche Modelle sind bisher öfter bei öffentlichen Gebäuden als bei Wohngebäuden eingesetzt worden.

Sollte das Kabinett keine Ideen entwickeln, wie die Sanierungsrate im Gebäudebestand erhöht werden kann, werden die Klimaziele auch mit Laufzeitverlängerungen von Akw kaum zu erreichen sein. Das zeigt das Gutachten der drei Institute unmissverständlich.

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