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Politik: Gedeckelt

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Sonntag ist Mußetag. Da soll der Mensch in Ruhe der Ereignisse der Vorwoche gedenken.

Von Antje Sirleschtov

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Sonntag ist Mußetag. Da soll der Mensch in Ruhe der Ereignisse der Vorwoche gedenken. Gedenken? Ganz genau: Sonntag ist Gedenktag. Und weil heute vor genau einer Woche ein kleines viereckiges Stück Pappe im Zentrum der politischen Ereignisse stand, soll heute dessen gedacht werden. Der Bierdeckel. Einstmals Schlagwort eines Unionspolitikers namens Merz, heute Inbegriff der wehmütigen Erinnerung an mutige Steuerkonzepte der Union, allenfalls ein bekleckertes, von Skatbrüdern bemaltes Stückchen Filz ohne jede gesellschaftsrevolutionierende Bedeutung. Oder doch nicht? Wer hätte schon vor mehr als hundert Jahren geahnt, dass weder Dampflok noch Zylinder die Zeiten so überstehen werden wie das Filzscheibchen. Damals, am 25. Oktober 1892, als das Deutsche Patentamt im Aktenvermerk 68 499 niederschrieb: „Diese Platten werden zu runden oder kantigen Deckeln zerschnitten oder ausgestanzt, welche letztere sich wegen ihrer Saugfähigkeit als Bierseideluntersetzer eignen…“ Kann solch eine Tradition einfach verschwinden? Nur so, wegen einiger trockener Oppositionspolitiker? Gewiss nicht. Nur Mut also, ihr modernen Filzsteuerstrategen des 21. Jahrhunderts. Es kommt wieder ein Sonntag im Zeichen des Bierdeckels. Und dann werdet ihr siegreich den Gruß aller Bierdeckel-Fans ausrufen: „Papp, papp, hurra!“

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