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Politik: Gefährdet Hartz IV die Grundrechte?

Chemnitz/Berlin Teile der deutschen Sozialgesetzgebung sind wegen der jüngsten Reformgesetze und anhaltender Leistungskürzungen nach Meinung von Juristen nicht mit der Verfassung vereinbar. „Leistet ein soziales Zwangs-Sicherungssystem deutlich weniger, als der Bürger bei privater Vorsorge erzielen könnte, so delegitimiert sich dieses System unter dem Gesichtspunkt des Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes", sagte Wolfgang Spellbrink der Chemnitzer „Freien Presse“.

Chemnitz/Berlin Teile der deutschen Sozialgesetzgebung sind wegen der jüngsten Reformgesetze und anhaltender Leistungskürzungen nach Meinung von Juristen nicht mit der Verfassung vereinbar. „Leistet ein soziales Zwangs-Sicherungssystem deutlich weniger, als der Bürger bei privater Vorsorge erzielen könnte, so delegitimiert sich dieses System unter dem Gesichtspunkt des Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes", sagte Wolfgang Spellbrink der Chemnitzer „Freien Presse“. Spellbrink ist Richter am Bundessozialgericht in Kassel. Es sei verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen, Beiträge in Höhe von 6,5 Prozent des Bruttolohns für die Arbeitslosenversicherung zu erheben, weil dem keine ausreichende Leistung gegenüberstehe. „Die Arbeitslosenversicherung vernichtet mithin permanent Kapital und Eigenvorsorgemöglichkeiten zu Lasten dauerhaft beschäftigter Arbeitnehmer.“

Der Kölner Verfassungsrechtler Heinrich Lang sieht sogar einen erhöhten Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Nicht nur bei der Arbeitslosenversicherung, sondern auch bei der Kranken- und Rentenversicherung würden erworbene Anrechte der Bürger per Gesetz gestrichen. Nach Einschätzung des Bundesrichters Uwe Berlit haben Arbeitslose einen Rechtsanspruch darauf, auch im Januar das neue Arbeitslosengeld II (ALG II) zu bekommen.

Musterverfahren kündigte Hans Schaller von der DGB-Rechtsschutz GmbH in Kassel an. Ende August wollen sich die Sozialrechtler der DGB-Gewerkschaften in Kassel beraten. Die Gewerkschaft Verdi gründete bereits ein eigenes Juristen-Netzwerk, „um schlagfertig zu sein, wenn im November die Bescheide kommen“, sagte Sprecherin Cornelia Haß. Ob es dann zu Massenklagen kommt, sei aber offen. „Wir planen das mitnichten.“ Die Bundesagentur für Arbeit habe für solche Klagen auch noch keine Strategie, sagte Sprecherin Angelika Müller. Die Agentur setze zunächst auf „Aufklärung vor Ort“.

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