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Politik: Gefährliche Gewohnheiten

Die 17. Weltaidskonferenz ist zu Ende gegangen: Warum es in Afrika kaum Fortschritte gibt

Die 17. Weltaidskonferenz in Mexiko ist am Freitagabend mit dem eindringlichen Appell zu Ende gegangen, Aufklärung und gezielte Vorbeugeprogramme gegen die Immunschwäche zu stärken. Zum Abschluss der Veranstaltung mit rund 25 000 Teilnehmern forderte der südafrikanische Richter Edwin Cameron zu einem „Kreuzzug gegen die Kriminalisierung der HIV-Infizierten“ auf. Mangels bedeutender medizinischer Fortschritte im Kampf gegen die Krankheit standen vor allem die Menschenrechte der betroffenen Gruppen, soziale Fragen und die Behandlung von Aidskranken im Fokus. Insgesamt forderte die Konferenz, für den Kampf gegen Aids müsse mehr Geld zur Verfügung gestellt werden.

Fast 30 Jahre nach ihrem Ausbruch hat sich die Aids-Epidemie auf hohem Niveau stabilisiert. Weltweit waren nach UN-Angaben Anfang dieses Jahres rund 33 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Die gute Nachricht aus Mexiko City: Die Forschung hat es geschafft, die tödliche Krankheit in eine chronische zu verwandeln, mit der man bei einer angepassten Lebensweise alt werden kann. Die schlechte: Für Afrika bleibt Aids ein unglaublich bedrückendes Problem.

Während zum Beispiel Thailand die Epidemie im Keim erstickt hat, indem es Bordellbesitzern mit der Schließung für den Fall drohte, dass Prostituierte dort keine Kondome verwenden, hat sich in Afrika wenig verändert. Und es zeigt sich: Mit Geld ist es nicht zu lösen, schon heute wird für Aids auf dem Kontinent viel mehr ausgegeben als für Krankheiten wie Malaria oder Durchfall, die weit mehr Todesopfer fordern. Aids hat aber Wurzeln, die bis tief in kulturelle Gewohnheiten reichen – das macht die Bekämpfung besonders schwer. Der wichtigste Ansatzpunkt dürfte sein, das Recht junger Frauen auf sexuelle Selbstbestimmung zu stärken, das durch die patriarchalische Gesellschaftsstruktur unterdrückt wird.

Fast 25 Millionen, weit über zwei Drittel aller HIV-Infizierten, leben heute auf einem Kontinent, der nur knapp 15 Prozent der Weltbevölkerung umfasst. Es gibt eine neue Theorie, nach der Afrikaner aus genetischen Gründen anfällig für Aids sind. Aber das allein erklärt nicht die enormen Unterschiede zwischen den Kontinenten und schon gar nicht die Differenzen innerhalb Afrikas. In Swasiland sind über 40 Prozent der Erwachsenen HIV-positiv – und in Botswana dürfte die Lebenserwartung schon bald im Schnitt bei nur noch 25 Jahren liegen. Auf der Suche nach den Gründen dafür stößt man schnell auf sexuelle Ursachen, die jahrelang tabuisiert wurden.

Dass die Armut keine hinreichende Erklärung für die Epidemie in Afrika bietet, wird schon daran deutlich, dass mit Botswana und Südafrika die beiden reichsten Staaten viel stärker von Aids betroffen sind als zum Beispiel der viel ärmere Senegal. Überhaupt haben die etwas wohlhabenderen Staaten in Afrika oft weit höhere Aids-Raten als die ärmeren.

Das größte Problem in weiten Teilen von Schwarzafrika besteht darin, dass es hier nicht ungewöhnlich ist, eine Reihe sexueller Partner zur gleichen Zeit zu haben. Dies führt zu vielmaschigen Netzwerken, die dem HI-Virus die Übertragung markant erleichtern. Wäre Monogamie die Norm, so wäre das Virus lange Zeit in der jeweiligen Beziehung gefangen und könnte sich nur viel langsamer ausbreiten. Afrikaner haben in ihrem Leben nicht unbedingt mehr Partner, aber sie haben mehr zur gleichen Zeit.

Besonders fatal: In vielen Teilen Afrikas gehört es zur Regel, dass ältere Männer junge Freundinnen haben, häufig sogar Lehrer mit ihren Schülerinnen. Dort verbreitet sich das Virus sehr schnell über die Generationen hinweg – und trifft junge Frauen in ihrer Abhängigkeit oft besonders hart. Keine Gruppe hat ähnlich starke Zuwachsraten wie die der schwarzen Mädchen zwischen 16 und 24.

Außerdem wird immer deutlicher, dass der von der Aids-Lobby lange Zeit propagierte Nachdruck auf den Patientenrechten unvorhersehbare Folgen hat. Das Aids-Kranken stets zugestandene Recht, ihre Infektion selbst vor dem Sexualpartner geheim zu halten, dürfte zu dem in Afrika weit verbreiteten Stigma der Krankheit und ihrer verstärkten Ausbreitung beigetragen haben. In Ländern wie Kuba, wo der Druck, sich auf Aids testen zu lassen, viel größer ist, konnte die Epidemie im Zaum gehalten werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Afrika die politischen und religiösen Führer auf der ganzen Linie versagt haben. Ein Musterbeispiel dafür ist Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der jahrelang hanebüchene Unwahrheiten über die Aids-Epidemie und ihre Behandlung propagierte – und dadurch indirekt für den Tod Hundertausender von Südafrikanern verantwortlich ist.

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