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Politik: Gegen beißwütige Tiere gibt es ausreichend Handhabe, die Politik muss sie nur nutzen (Kommentar)

Kampfgeist sieht anders aus. Was die Innenminister der Länder auf dem Empfehlungsweg gegen die Kampfhunde zustande gebracht haben, ist - gemessen an den Erwartungen - ein politisches Mäuschen.

Kampfgeist sieht anders aus. Was die Innenminister der Länder auf dem Empfehlungsweg gegen die Kampfhunde zustande gebracht haben, ist - gemessen an den Erwartungen - ein politisches Mäuschen. Rechtlich ist es ein Sack voller Selbstverständlichkeiten. Argumentativ nicht mehr als eine Sammlung von Erfahrungen aus allerlei Bundesländern. Und konkret bringt es den ratlosen Bürger keinen Schritt weiter.

Also: Die Länder sind zuständig, klar. Sie können die Sache unterschiedlich regeln, auch klar, denn das machen sie schon die ganze Zeit. Gefährliche Hunde kann man so oder so definieren: Weil sie konkret als beißwütig aufgefallen sind. Oder weil sie einer bestimmten Rasse oder Kreuzung angehören. Auch nicht neu. Das erste kennen wir aus Berlin, das zweite aus Brandenburg. Für die Halter kann man Sachkunde- oder Zuverlässigkeitsprüfungen einführen. Darüber redet seit langem alle Welt, Bayern praktiziert es. Ferner kann für bestimmte Hundetypen die Hundesteuer erhöht werden. Das ist als politische Empfehlung besonders innovativ und originell. Denn die Politik ist damit nur ein Vierteljahr langsamer als das Bundesverwaltungsgericht, das diese seit Jahren praktizierte Besteuerung inzwischen abgesegnet hat.

Und schließlich: Die Ordnungsbehörden sollen alle alten und neuen Bestimmungen streng kontrollieren. Das wirkt als Aufforderung eher komisch, wenn man sich anschaut, wie die lieben und weniger lieben Hündchen fröhlich - aber verboten - durch die Parks springen und sich auf den Wiesen der Stadt breit machen. Und wie ihre Besitzer ihre Lieben an der Hundesteuer vorbei manövrieren. Gibt es in Berlin 20 000 unversteuerte Hunde oder 30 000 oder mehr? Keiner will es wissen.

Womit wir bei des Pudels Kern sind. Auch die Innenminister schaffen es nicht, ein doch so banales und unkompliziertes Problem wie das der Hunde mit einer einfachen, aber womöglich nicht hundertprozentig gerechten Lösung anzugehen. Stattdessen verheddern sie sich in den Einwänden der Lobbyisten, Tierschützer, Wissenschaftler, Rasse-Spezialisten und juristischen Bedenkenträger. Alle können nun weiter fröhlich über Pit-Bull & Co diskutieren, als ginge es um die moralischen Grundlagen der Gesellschaft. Dabei geht es nur um ein paar tausend Hunde. Eigentlich nicht sehr viel in einer Gesellschaft, die jährlich Hunderttausende andere Tiere unter völlig unwürdigen Umständen bis zur Schlachtreife aufwachsen lässt und sich Rinder überwiegend nur noch als Brötchen-Füllung vorstellen kann. Dieser Gesellschaft wäre schon geholfen, wenn sie nur einen kleinen Teil der Sentimentalität, die sie ihren Hunden widmet, anderen Tieren zugute kommen ließe. Und natürlich auch den Menschen.

Es kann heute nicht mehr schwer sein, für alle Hunde eine elektronische Identifizierung vorzuschreiben und das auch zu kontrollieren. Es ist auch nicht schwer, die so genannten Kampfhund-Rassen zu verbieten. Andere Länder haben es längst getan. Der Schaden hält sich in engen Grenzen. Die Menschheit hat schon ganz andere Tierarten ausgerottet, die mehr Tränen verdienten. Und wenn es keine Kampfhunde mehr gäbe, aber ein anderer Hund mutwillig einen Menschen beißt oder auf einen Menschen gehetzt wird? Dann soll man den Hund einschläfern und den Halter bestrafen. Das gibt das Gesetz jetzt schon her.

Natürlich tragen die Menschen die größte Verantwortung dafür, was aus ihren Hunden wird. Aber das heißt doch nicht, dass deshalb jeder Hund akzeptiert werden muss. Wenn Menschen so unvernünftig sind oder aggressiv oder komplexbeladen, wie sie nun einmal sind, dann müssen es diesmal eben die Kampfhunde büßen. Das ist tragbar.

Hans Toeppen

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