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Politik: Gegen die Zeit

Fischer will die Inspekteure länger im Irak sehen – um doch noch einen Krieg am Golf zu verhindern

Von Hans Monath

Die Botschaft war deutlich, aber doch allgemein genug, um den Absender im politischen Spiel zu halten: Seine erste Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Außenminister Joschka Fischer am Montag genutzt, um vor dem wichtigsten Entscheidungsgremium der UN das deutsche Nein zu einem Irak-Krieg zu bekräftigen. Die Angst vor einem Zerbrechen der internationalen Koalition gegen den Terrorismus sei einer der wesentlichen Gründe für die ablehnende Haltung gegenüber einer Militäraktion, sagte Fischer. Der Kampf gegen den Terrorismus, dem auch die deutsche Politik oberste Priorität einräume, könne nur durch ein „System globaler kooperativer Sicherheit“ im Rahmen der Vereinten Nationen überwunden werden, sagte er.

Weil Beifalls- und Missfallenskundgebungen im Sicherheitsrat nicht üblich sind, gab es keine sichtbaren Zeichen, wie Fischers Appell für ein besonnenes und abgestimmtes Vorgehen gegen den Terror aufgenommen wurde. Zumindest UN-Generalsekretär Kofi Annan aber dürfte sich über den Beitrag gefreut haben: In seiner eigenen Rede warnte Annan ähnlich wie Fischer davor, die Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte dürften in der Auseinandersetzung nicht geopfert werden. „Die Gefahr besteht, dass wir beim Bemühen um Sicherheit schließlich grundlegende Freiheiten opfern“, sagte Annan.

An der Sitzung des Sicherheitsrats, die eine Bilanz des Anti-Terror-Kampfes im Rahmen der UN zog, nahmen bis auf zwei Ausnahmen, Chile und Syrien, die Außenminister aller 15 Mitgliedstaaten teil. So saß US-Außenminister Colin Powell Fischer an dem runden Tisch fast gegenüber, als dieser die amerikanische Irak-Politik mit scharfen Worten kritisierte, ohne freilich die USA direkt anzusprechen. Powell reagierte später auf Fischers Beitrag und verteidigte den Einsatz militärischer Gewalt gegen Saddam Hussein als letztes Mittel. „Wir können nicht notwendige Schritte unterlassen, weil wir uns davor fürchten, was andere möglicherweise tun“, sagte er.

Deutschland ist seit Anfang des Jahres für die Dauer von zwei Jahren nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats und übernimmt am 1. Februar für die Dauer eines Monats dessen Präsidentschaft. Sollten die USA gegen den wachsenden internationalen Druck die Mission der Waffeninspekteure für beendet erklären und ein Vorgehen gegen den Irak verlangen, stünde die deutsche UN-Diplomatie vor einer schwierigen Aufgabe. Obwohl die Bundesregierung sich nicht explizit auf ein Nein festgelegt hat, hat sie die deutsche Öffentlichkeit in dieser Erwartung bestärkt. Auf der anderen Seite warnen Beobachter vor den Folgen, falls Deutschlands Vertreter als einzige im Sicherheitsrats mit Nein stimmen sollten. Auch Fischer lehnte es am Rande der Sitzung in New York ab, über eine mögliche Entscheidung zu spekulieren. Gleichzeitig wiederholte er die Forderung, den Waffeninspekteuren sollte mehr Zeit eingeräumt werden. Sie leisteten „hervorragende Arbeit“, sagte Fischer: „Sie sollten jede Zeit bekommen, die sie brauchen.“ Deutschland plant, am 20. Februar den Anti-Terror-Kampf noch einmal im Sicherheitsrat zu thematisieren.

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