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Über den Flughafen im polnischen Szymany soll die CIA Terrorverdächtige eingeflogen haben, die dann in einem Geheimgefängnis gefoltert worden sein sollen.

© AFP

Geheime CIA-Gefängnisse: Späte Aufklärung

In Polen muss sich jetzt der frühere Geheimdienstchef Siematkowski wegen inoffizieller CIA-Gefängnisse vor Gericht verantworten.

Sämtliche polnische Regierungen nach 2001 haben die Existenz geheimer CIA-Gefängnisse im Land dementiert. Doch nun ist ausgerechnet der einstige Verteidigungsminister und heutige Staatspräsident ausgeschert. „Die Justizorgane sollen dies aufklären“, fordert Bronislaw Komorowski. Für solche Fälle habe Polen eine unabhängige Staatsanwaltschaft, zitierte ihn das polnische Radio.

Diese Sprachregelung ist neu, und sie spricht Bände für die regierende Bürgerplattform, der auch Komorowski angehört. Im Unterschied zu den linken und später nationalkonservativen Vorgängerregierungen hat die liberale Regierung unter Premier Donald Tusk von Anfang an Distanz zu den USA gezeigt. Erst am Montag war bekannt geworden, dass die polnische Staatsanwaltschaft den ehemaligen Geheimdienstchef Zbigniew Siematkowski Anfang Januar wegen „Verbrechen gegen die Republik Polen“ angeklagt hat. Siematkowski soll der CIA eine Villa in einer polnischen Militärbasis für geheime Verhöre zur Verfügung gestellt und den Gefangenentransport mitorganisiert haben. Dabei sei die Souveränität des Landes verletzt worden.

Der Prozess gegen Siematkowski sollte laut der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ allerdings geheim geführt werden. Erst kürzlich habe die Staatsanwaltschaft Warschau das heiße Eisen an die Kollegen in Krakau weitergereicht. Siematkowski diente unter der post-kommunistischen Regierung von Leszek Miller. Dieser hat die Existenz geheimer CIA-Gefängnisse immer bestritten, genauso wie sein Nachfolger Jaroslaw Kaczynski. „Sollen sie mich doch dafür bestrafen, dass ich mit dem Geheimdienst eines befreundeten Staates zusammengearbeitet habe“, kommentierte Siematkowski die nun bekannt gewordene Anklage scharf. Gleichzeitig weigerte sich der Ex-Geheimdienstler, zu den CIA-Gefängnissen Stellung zu nehmen. „Diese Sache betrifft die Sicherheit unseres Landes“, sagte er.

Recherchen der „Washington Post“ sowie des US-Fernsehsenders ABC hatten im November 2005 ergeben, dass zwischen 2002 und 2003 mindestens zwölf mutmaßliche Terroristen der Al Qaida über den nordostpolnischen Militärflughafen Szymany in die nahen Masuren transportiert worden seien. Sie sollen in der Anlage des Militärgeheimdienstes unweit des Dorfes Stary Klejkuty verhört und teils auch gefoltert worden sein. Der Schweizer Parlamentarier Dick Marty sah im Sommer 2006 in einem Bericht für den Europarat genügend Beweise. Die polnische Regierung bestritt aber die Existenz geheimer CIA-Gefängnisse.

Allerdings nahm die Staatsanwaltschaft im März 2008, ein halbes Jahr nach der Abwahl Kaczynskis, eigene Ermittlungen auf. Polen beschritt damit einen andern Weg als die osteuropäischen Nato-Verbündeten Litauen und Rumänien, die ebenfalls CIA-Häftlinge aufgenommen haben sollen. Bukarest leugnete die Vorwürfe rundum, Vilnius gab die Existenz solcher Gefängnisse indirekt zu. Die litauische Staatsanwaltschaft nahm ebenfalls Ermittlungen auf, doch wurde das Verfahren alsbald eingestellt. Auch US-Präsident Barack Obama hat eine Untersuchung der Vorwürfe an die CIA stets abgelehnt.

In Polen jedoch droht Ex-Geheimdienstchef Siematkowski nun eine lebenslange Haftstrafe. Laut „Gazeta Wyborcza“ soll auch dessen Stellvertreter Andrzej Derlatka, der direkt für die Kontakte zu den USA zuständig war, bald angeklagt werden. Selbst dem Ex-Premier Leszek Miller könnte der Prozess drohen.

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