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Politik: Geiseldrama auf Jolo: Der Feind steht woanders: Welche Rolle das philippinische Militär spielt

Der philippinische Polizeichef Lacon hatte schon seit Beginn des Geiseldramas eine sehr dezidierte Auffassung, wie man zu agieren hätte: "Lass uns da reingehen und die Leute rausholen, wir haben dafür unsere Sondereinheiten", pflegte er sinngemäß zu sagen. Erst vor wenigen Tagen wieder.

Der philippinische Polizeichef Lacon hatte schon seit Beginn des Geiseldramas eine sehr dezidierte Auffassung, wie man zu agieren hätte: "Lass uns da reingehen und die Leute rausholen, wir haben dafür unsere Sondereinheiten", pflegte er sinngemäß zu sagen. Erst vor wenigen Tagen wieder. Doch Lacon hat sich bisher nie durchgesetzt, sondern wurde stets von der Regierung in Manila zurückgepfiffen. Lacon und einige sehr wenige Militärs haben aber mit ihren Rambo-Vorstellungen dafür gesorgt, dass sich hartnäckig das Gerücht hält, die philippinische Armee und die dazugehörigen Milizen seien schießwütige Banden, die sich nicht um das Wort ihres Präsidenten scheren. Ein solches Verhalten könnte aber negative Auswirkung auf die Verhandlungen haben.

Günter Siemers vom Hamburger Institut für Asienkunde sieht das anders: "Mir ist nicht bekannt, dass das Militär in den letzten Jahren einen Befehl der Regierung verweigert hätte." Die Konsolidierung der Demokratie und der liberalen Verfassung wird aus Siemers Sicht auch von den Militärs nicht gefährdet. Siemers hält die Beschreibung vom "schießwütigen Militär" für ungerecht. Als ein Beispiel führt er die Geiselnahme von 53 Lehrern und Schülern auf der kleinen Insel Basilan an. Erst nach viereinhalb Wochen Geiselnahme und erst, nachdem die Entführer zwei der Geiseln geköpft hatten, gab die Regierung den Befehl, das Lager zu stürmen, wobei weitere Geiseln getötet wurden. Der Rest wurde befreit.

Noch vor einigen Jahren war das Verhältnis von Militär und Regierung schlecht. Fünf von sieben der letztlich gescheiterten Putschversuche seit 1986 richteten sich gegen die Verabschiedung der neuen liberalen Verfassung oder zielten auf die Verhinderung ökonomischer Reformvorhaben. 1995 schränkte eine Vereinbarung zwischen der damaligen Ramos-Regierung und den zur Rebellion neigenden Gruppen innerhalb der Armee die Gefahr von Putschen deutlich ein. Allerdings gilt die politische Oligarchie ebenso wie das Militär auf den Philippinen als erstaunlich resistent gegen eine reformorientierte Politik. Das liegt vor allem daran, dass nicht viel mehr als Hundert einflussreiche Familienclans die Machtpositionen im Staat beherrschen. Die Gefahr von Korruption ist groß. Auch in der Armee.

Dennoch gibt es nach Ansicht von Günter Siemers deutliche Anzeichen dafür, dass das Militär längst eine neue, stabilisierende Rolle eingenommen hat. Dafür spricht, dass eine neue Generation von Offizieren herangewachsen ist, die militärisches Eingreifen in das Handeln von Regierungen als antiquiert betrachtet. Zudem hat das Militär einen anderen Gegner. Seit knapp 30 Jahren dauert nun schon der Krieg gegen die "Moro-Islamischen-Befreiungsfront (Milf) auf Mindanao, der zweitgrößten Insel der Philippinen, an. Durch diesen blutigen Konflikt ist der größte Teil des Militärs dort gebunden. Erst vor einigen Tagen hat das Militär nach eigenen Angaben das Hauptlager der Rebellen eingenommen. Siemers geht davon aus, dass die Milf eine Stärke von rund 16 000 Mann hatte, mittlerweile hat es auf Seiten der Rebellen Tausende Tote gegeben, aber auch das Militär hat bis zu Hundert Tote zu verzeichnen. Angeblich soll es nun ein Kapitulationsangebot von rund 700 Milf-Kämpfern geben. Das wäre ein großer Erfolg für das Militär. Während die Abu-Sayyaf-Rebellen eher als Kriminelle gelten und nicht als politische Gruppe, wird den Moslemextremisten der Milf nachgesagt, sie habe noch immer ein politisches Ziel: die Unabhängigkeit des Südens.

In diesem Krieg werden auch vom philippinischen Militär die Menschenrechte missachtet. Vor allem die Miliz, die aus billig angelernten Zivilisten besteht, gilt als nicht gerade zimperlich. Im Hinblick auf die aktuellen Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln aber, davon ist Günter Siemers überzeugt, ist das Militär kein Störfaktor.

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