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Geiseldrama im Irak: Bräunlich und Nitzschke berichten von ihrer Gefangenschaft

René Bräunlich und Thomas Nitzschke haben geschildert, wie sie im Irak in Erdlöchern eingepfercht wurden. Sie waren während der 99 Tage in der Hand nur einer Entführergruppe.

Leipzig - Die am Dienstag freigekommenen Techniker René Bräunlich und Thomas Nitzschke haben in ihrer 99-tägigen Geiselhaft im Irak unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. In einem Interview der «Leipziger Volkszeitung» schildern die beiden Ingenieure aus Sachsen, sie seien tagelang in Erdlöchern und Sandkuhlen eingepfercht worden. Ihre Unterbringung in durchgehend fast dunkler Umgebung beschreiben sie als «eine Art Folter». Misshandelt worden seien sie aber nicht. Die Männer waren am Mittwoch nach gut dreimonatiger Gefangenschaft nach Deutschland zurückgekehrt.

Während der gesamten 99 Tage seien sie in der Hand nur einer Entführergruppe gewesen. «Es war immer dieselbe Gruppe, die uns gefangen hielt. Es stimmt nicht, dass wir verkauft wurden», sagte Nitzschke. Offensichtlich habe es sich um Leute gehandelt, «die für ihr Land kämpfen wollten». Berichte, einer der Bewacher habe Deutsch gesprochen und sie mit Nachrichten aus der Heimat versorgt, seien falsch.

Zum Problem des Arbeitseinsatzes in einer höchst gefährlichen Region sagte Nitzschke: «Wir wussten, wo wir hingehen. Uns war aber nicht bewusst, dass das eine der gefährlichsten Zonen des Irak ist. Ganz im Gegenteil. Uns wurde gesagt, dass diese Ecke eigentlich ganz ruhig ist.» Nitzschke (28) und Bräunlich (32) waren im Auftrag der Firma Cryotec aus Bennewitz bei Leipzig zum Aufbau einer Stickstoff-Gewinnungsanlage in die nordirakische Industriestadt Baidschi gereist und kurz nach ihrer Ankunft entführt worden.

Firmenchef Peter Bienert sagte, er werde vorerst keine Mitarbeiter mehr in den Irak schicken. In Zukunft wolle das Unternehmen dafür Service-Kräfte aus dem Irak ausbilden. Ob es eine Beteiligung der Firma an den Kosten der Rückführung geben wird, war zunächst unklar. «Es gibt keine Forderungen an uns. So lange machen wir uns da keine Gedanken», sagte Bienert.

Bundesregierung: Kein Lösegeldfonds

Die Bundesregierung wies unterdessen Forderungen nach einem Lösegeldfonds der Wirtschaft für künftige Entführungsfälle zurück. «Die Bundesregierung ist nicht erpressbar. Die Bundesregierung zahlt kein Lösegeld», sagte Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. Hintergrund ist eine entsprechende Forderung des SPD-Bundestagsabgeordneten Ottmar Schreiner.

Bräunlich und Nitzschke nicht beim Dankgottesdienst

Wann die Monteure mit ihren Familien nach Leipzig heimkehren, ist weiterhin unklar. Derzeit sind sie abgeschirmt an einem geheim gehaltenen Ort. An diesem Montag sind ein Dankgottesdienst und ein Fest an der Leipziger Nikolaikirche geplant, an dem die beiden Ingenieure aber nicht teilnehmen. Darüber habe das Bundeskriminalamt Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) informiert, wie die Stadt mitteilte. «Wir respektieren die Entscheidung vollumfänglich und haben dafür größtes Verständnis», sagte Jung.

An der Kirche hatten sich bei 27 Mahnwachen tausende Leipziger für die damaligen Geiseln versammelt. Die Partnerinnen von Bräunlich und Nitzschke bedankten sich laut «Leipziger Volkszeitung» mit einem Schreiben bei allen, die bei der Freilassung geholfen haben.

Cryotec will den Mitarbeitern den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben so leicht wie möglich machen. «Ob sie in drei Tagen oder drei Wochen wiederkommen, ist nicht wichtig», sagte Bienert. Eine Entschädigung im herkömmlichen Sinne werde es nicht geben. Zwei bis drei Wochen Sonderurlaub und ein Urlaubs-Zuschuss seien aber vorstellbar.

(tso/dpa)

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