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Politik: Geiseln auf den Phillipinen: Wallerts erwarten ihren Sohn bald zurück

Nach über vier Monaten ist das Haus Nr. 55 im Göttinger Mittelbergring wieder bewohnt, Renate und Werner Wallert sind am Donnerstag in ihr Domizil zurückgekehrt.

Nach über vier Monaten ist das Haus Nr. 55 im Göttinger Mittelbergring wieder bewohnt, Renate und Werner Wallert sind am Donnerstag in ihr Domizil zurückgekehrt. Kurz nach 14 Uhr bog das Ehepaar mit einem weinroten Audi der Polizei in die schmale Straße im Ortsteil Geismar ein. Neben zahlreichen Journalisten hatten sich auch Nachbarn und Freunde auf dem Bürgersteig versammelt, einige begrüßten die Wallerts mit Blumensträußen und Umarmungen.

Während die blasse und nervös wirkende Renate Wallert, die eine beige Hose und einen grünen Blazer trug, sofort im Haus verschwand, stellte sich Werner Wallert, in Jeans und Hemd gekleidet, gelassen für ein paar Minuten den Fragen der Medien.

Das Paar sei "froh und glücklich, dass wir wieder zu Hause sind", wiederholte der 57-Jährige zunächst frühere Äußerungen. Die Freude sei durch die anhaltende Gefangenschaft des Sohnes Marc aber nachhaltig getrübt. Er sei jedoch zuversichtlich, so Wallert, dass die Geiselhaft auch für Marc schon am kommenden Wochenende ein Ende haben werde.

Den kurzfristig anberaumten Presse- und Fototermin vor dem Wohnhaus begreife er als Zugeständnis an das große öffentliche Interesse am Schicksal der Familie, sagte Wallert. Nun wolle er "so schnell wie möglich wieder in seinen Alltag kommen, ohne dabei von Ihnen beobachtet zu werden". Im Haus werde er zuerst wahrscheinlich den Computer anschalten und seine Mailbox anrufen.

Der Pädagoge bestätigte, dass er schon in der nächsten Woche wieder am Göttinger Theodor-Heuss-Gymnasium seine Fächer, Erdkunde und Englisch, unterrichten will. Sein Arbeitsbeginn am Montag sei allerdings "kein öffentlicher Termin". Mit Wirkung vom 1. August hat Werner Wallert die Altersteilzeit für Lehrer in Anspruch genommen, mit seiner nunmehr um die Hälfte reduzierten Stundenzahl "hoffe ich gut zurechtzukommen".

Die ersten medizinischen Checks bei ihm hätten keine Anzeichen auf körperliche Erkrankungen ergeben, erklärte Wallert. Das Ergebnis der Blutuntersuchungen müsse allerdings noch abgewartet werden. Auf die Frage eines Reporters, ob er sich denn in psychiatrische Behandlung begeben werde, antwortete Wallert: "Sehe ich so aus, als ob ich das nötig hätte?" Überhaupt glaube er, so Werner Wallert, dass "ich die Belastungen der Geiselhaft besser vertragen habe als meine Frau".

Wo sie die letzten beiden Tage verbracht haben, wollten die Eheleute nicht bekannt geben. Sie hatten nach der Ankunft Werner Wallerts in Göttingen am späten Dienstagabend mit einem Auto und unbekannten Ziel die Stadt verlassen.

Einzelheiten über die Erlebnisse ihrer langen Geiselhaft will die Familie der Presse erst mitteilen, wenn auch Marc Wallert von den Philippinen zurückgekehrt ist. Alles andere könne die Sicherheit seines noch in Gefangenschaft lebenden Sohnes gefährden, meinte Werner Wallert. Erst auf sehr hartnäckiges Bitten der Fotografen stellte sich das Ehepaar Wallert schließlich doch noch einmal gemeinsam für ein Foto vor dem Haus auf.

Die philippinische Regierung schloss unterdessen nicht aus, die amerikanische Geisel notfalls gewaltsam aus den Händen moslemischer Rebellen zu befreien. Präsidentensprecher Ricardo Puno sagte am Donnerstag in Manila, wenn alle friedlichen Mittel ausgeschöpft seien, müsse den Umständen entsprechend gehandelt werden. Zuvor hatte Präsidentenberater Zamora gesagt, es werde derzeit auch über eine Militärlösung nachgedacht.

Der 24-jährige US-Bürger Jeffrey Schilling wird seit Montag von den Abu-Sayyaf-Rebellen auf der Insel Jolo festgehalten. Die Entführer haben gedroht, Schilling zu enthaupten, falls die USA nicht drei wegen des Anschlags auf das New Yorker World Trade Center verurteilte islamische Terroristen freilassen sollten.

rp

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