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Geiselnahme in der Türkei: PKK warnte Berlin vor Strafaktionen

Grobes Versäumnis der deutschen Behörden? Angeblich sollen schon gut eine Woche vor der Entführung von drei bayerischen Bergsteigern in der Türkei Hinweise auf Gewaltaktionen der Kurden-Organisation PKK vorgelegen haben.

Das Bundeskriminalamt (BKA) habe nach Hinweisen der türkischen Polizei die Innenministerien auf die Gefahr von Anschlägen und Geiselnahmen in der Türkei aufmerksam gemacht, berichtet das Magazin "Der Spiegel". Zudem habe die PKK-Führungsebene die Bundesregierung vor "negativen Konsequenzen" ihrer Kurdenpolitik gewarnt. In dem Kidnapping-Fall gab es am Samstag offiziell keine positive Entwicklung. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bestätigte, dass auch in Nigeria zwei Deutsche entführt worden sind.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte an die Entführer in der Osttürkei, ihre drei Geiseln "umgehend und unversehrt freizulassen". Zugleich machte sie erneut deutlich, dass die Bundesregierung sich nicht erpressen lasse.

Treffen mit Erdogan

Über die Entführung will die Kanzlerin am Rande des EU-Mittelmeer- Gipfels an diesem Sonntag in Paris auch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan sprechen. Steinmeier will dort mit seinem türkischen Kollegen Ali Babacan darüber reden, wie er am Rande eines Besuchs in Löcknitz in Mecklenburg-Vorpommern sagte. Eine sechsköpfige deutsche Delegation, zu der zwei Polizisten gehören, nahm am Samstag nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Gespräche mit dem Governeur der osttürkischen Provinz Agri, Mehmet Cetin, und lokalen Militärs auf.

Der "Spiegel" berichtet, der Exekutivrat der Vereinigten Gemeinschaften Kurdistans - nach dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan so etwas wie die zweithöchste Instanz im Kampf der Kurden - habe Ende Juni die Bundesregierung aufgefordert, ihre "feindliche Politik gegen das Kurdische Volk und seine Befreiungsbewegung" aufzugeben. Kurz darauf habe die türkische Polizei dem BKA gemeldet, unter den Kurden im Land herrsche Unruhe - es könne zu Anschlägen und Entführungen kommen. Innenstaatssekretär August Hanning bestätigte solche Hinweise. Das BKA habe dann am 2. Juli die Innenministerien der Länder per Fernschreiben informiert, heißt es im Bericht weiter.

Protest gegen TV-Sender-Verbot

Die Entführer hatten von der Bundesregierung eine Erklärung verlangt, dass Deutschland seine "feindliche Politik gegenüber dem kurdischen Volk und der PKK" aufgibt. Sie beziehen sich wohl auf ein vor rund drei Wochen erlassenes Betätigungsverbot gegen den kurdischen Fernsehsender Roj-TV. Die in Europa und den USA als Terrororganisation eingestufte PKK ist in Deutschland seit 1993 verboten.

Staatssekretär Hanning wurde vom "Spiegel" mit den Worten zitiert: "Wir müssen uns möglicherweise auch im Inland auf eine neue Gefahrenlage einstellen." Ein Sprecher des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen, wo besonders viele Kurden leben, verwies aber darauf, dass die Kurden in seinem Land in den vergangenen Jahren gewaltfrei für ihre Politik eingetreten seien. "Wir haben keine Anzeichen, dass diese Linie geändert wird."

Die zehn nach Bayern zurückgekehrten Kameraden der entführten Bergsteiger sollen möglichst bald vernommen werden. Derweil arbeitete der Krisenstab im Auswärtigen Amt "unvermindert und intensiv für die bedingungslose Freilassung" der drei Entführten, wie ein Sprecher sagte. Die Heimkehrer waren am späten Freitagabend abgeschirmt von der Öffentlichkeit am Münchner Flughafen von ihren Angehörigen in Empfang genommen und dann unter Polizeischutz wahrscheinlich zu ihren Wohnorten gebracht worden. (iba/dpa)

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