zum Hauptinhalt

Politik: Gelb-grüne Unverträglichkeiten

Ampelkoalitionen gelten als instabil. Vielleicht zu Unrecht.

Ampelkoalitionen gelten als instabil. Vielleicht zu Unrecht. Ohnehin gab es nur zwei - in Brandenburg und Bremen. Zwar sind beide Koalitionen vorzeitig gescheitert, doch ging die märkische "Ampel", nach der Gründung des Landes Ende 1990 gebildet, nach dreieinhalb Jahren nicht etwa wegen des politischen Tagesgeschäftes oder der Profilierungsbestrebungen der Partner in die Brüche. "Sie hat gut gearbeitet und sich um den Aufbau des Landes verdient gemacht", sagt Regierungschef Manfred Stolpe.

Zwar gab es öfter Reibereien, naturbedingt besonders zwischen den Ressorts Umwelt (das für das Bündnis 90 der heutige Potsdamer SPD-Oberbürgermeister Matthias Platzeck führte) und Wirtschaft (unter dem FDP-Minister Walter Hirche). Doch bereitete es Stolpe als Moderator keine sonderliche Mühe, die balgenden Juniorpartner zu bändigen und in die Koalitionsdisziplin einzubinden. Zum Thema Online Spezial: Berlin hat gewählt Wahlergebnisse: Direktmandate, Stimmenanteile und Sitzverteilung Foto-Tour: Bilder vom Wahlabend Regierungsmitglieder von damals heben die "Kollegialität" im Kabinett hervor. Stolpe selbst hat die Erfahrung gemacht, dass die Zusammenarbeit in einer solchen bunten Koalition "disziplinierend" wirken könne, sogar auf die eigene Partei. Der Bruch war besiegelt, als der damalige Bündnis 90-Fraktionschef und heutige CDU-Politiker Günther Nooke auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen um Stolpes Stasi-Kontakte den Ministerpräsidenten der Lüge bezichtigte: Für den einstigen DDR-Bürgerrechtler war nach Aktenlage klar, dass Stolpe die DDR-Verdienstmedaille aus den Händen der Stasi erhalten hatte, was dieser immer bestritt. Zuvor war schon Bildungsministerin Marianne Birthler (Bündnis 90), heute Chefin der Gauck-Behörde, wegen Stolpes Stasi-Verwicklungen zurückgetreten. Trotzdem lässt Stolpe nichts auf die Brandenburger Ampel kommen. Aber Wowereit als Koalitionsmodell empfehlen will er sie nun auch wieder nicht: Der müsse selbst genau abwägen, was am besten im Interesse Berlins sei.

Weniger milde als Stolpe blickt der frühere Bremer Bürgermeister Klaus Wedemeier (SPD) auf die Ampel-Zeiten in der Hansestadt zurück. "Ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit der Ampel gemacht", sagt Wedemeier, der heute als Unternehmensberater arbeitet. Die beiden kleinen Partner seien "profilsüchtig" gewesen, und zwei ihrer vier Regierungsmitglieder "passten überhaupt nicht zueinander" - Umweltsenator Ralf Fücks (Grüne) und Wirtschaftssenator Claus Jäger (FDP). "Mit den beiden war das nicht zu schaukeln", erinnert sich Wedemeier.

Würde er seinen Berliner Genossen deshalb von einer "Ampel" abraten? Das Bremer Scheitern lasse sich nicht unbedingt auf andere Verhältnisse übertragen, findet der Ex-Bürgermeister. "Das hängt auch stark von den Personen ab." Wedemeier empfiehlt Wowereit, falls er Rot-Gelb-Grün wagen wolle, sollte er auf einen sehr genau ausgehandelten Koalitionsvertrag achten, "der eigentlich nichts offen lassen darf". Denn sonst sei der Streit zwischen FDP und Grünen programmiert. Außerdem, so Wedemeier, sollten die Ressorts der Juniorpartner möglichst wenige Berührungspunkte haben, damit sie nicht miteinander in Konflikt geraten oder "Kuhhandel betreiben - nach dem Motto: gibst Du mir dies, gebe ich Dir das". In Bremen hatten sich "Umwelt" und "Wirtschaft" ständig darum gestritten, wie viel Natur dem Bau neuer Straßen und Gewerbegebiete geopfert werden sollte. 1995 platzte das Bündnis, als die Umweltbehörde ohne Koalitionsabsprachen potenzielle Gewerbeflächen als Vogelschutzgebiete bei der EU anmeldete und die FDP deshalb den Rücktritt von Fücks forderte. SPD und Grüne werteten dies als Aufkündigung der Koalition.

Michael Mara

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false