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Politik: Gelbe Karte für die Kaczynskis

Verluste für die nationalkonservative PiS bei Kommunalwahlen in Polen / Rechtsliberale PO leicht gestärkt

Warschau Von einer Niederlage wollte Polens sich kämpferisch gebender Premier in der Wahlnacht keineswegs sprechen. „Sie können sich sicher sein – die vierte Republik wird kommen!“, reagierte Jaroslaw Kaczynski in der Nacht zu Montag fast schon trotzig auf die ersten Nachwahlbefragungen der Fernsehstationen, die seine nationalkonservative PiS bei den polnischen Kommunalwahlen in fast allen Großstädten deutlich hinter den oppositionellen Rechtsliberalen (PO) sahen: Der Wahlausgang beweise, dass „trotz der Medienprovokationen ein Großteil der Gesellschaft hinter uns steht“.

Der mit Spannung erwartete Urnengang war der erste wichtige Stimmungstest seit der Regierungsübernahme der PiS vor Jahresfrist. Doch der Unmut der wahlmüden Bevölkerung über die Dauerturbulenzen auf der Regierungsbank scheint stärker die Juniorpartner in der nationalpopulistischen Dreiparteien-Koalition getroffen zu haben, weniger die PiS. Während die rechtsklerikale LPR und die Bauernprotestpartei Samoobrona verheerende Schlappen einstecken mussten, hat sich die PiS trotz Einbußen in den Städten landesweit relativ gut gehalten. Die PiS habe „eher eine Gelbe als eine Rote Karte“ von den Wählern erhalten, kommentierte der Soziologe Andrzej Zybertowicz das Wahlergebnis. „Sie haben Polen aufgeteilt“, titelte das regierungsnahe Springerblatt „Dziennik“: „Die Wahlen bestätigen, dass derzeit nur zwei Parteien zählen – die PO und die PiS.“

Tatsächlich scheint der Urnengang die politische Spaltung des Landes zementiert zu haben. Bei den Wahlen zu den Regionalparlamenten, von denen sich wohl noch am ehesten Rückschlüsse auf die landesweiten Kräfteverhältnisse ziehen lassen, lag die PO mit 29,4 Prozent der Stimmen knapp vier Zähler vor der PiS, die 25,7 Prozent erhielt. Die wiedervereinigten Sozialdemokraten sind mit rund 15 Prozent der Stimmen zwar wieder dritte Kraft, aber nach wie vor nur ein Schatten der einstigen Größe.

Mit der PO und der PiS bestimmen unverändert zwei Parteien der Rechten das Geschehen, die sich beide auf das Erbe der Gewerkschaft Solidarnosc berufen, sich lange als Partner bezeichneten – und sich nun unversöhnlich gegenüberstehen.

Im Gegensatz zum Wahlherbst des vergangenen Jahres triumphierte nun die proeuropäische PO im konservativen Bruderstreit. Zehn bis 24 Prozent betrug der PO-Vorsprung bei den Stadtratswahlen in Metropolen wie Warschau, Lodz, Krakau oder Posen (Poznan) auf den Erzrivalen. Offener vermochte die PiS einige der Bürgermeisterwahlen zu gestalten. In der Hauptstadt Warschau liefert sich Ex-Premier Kazimierz Marcinkiewicz (PiS) ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der früheren Zentralbank-Chefin Hanna Gronkiewicz-Waltz (PO). In der ersten Wahlrunde lag der kommissarische Stadtpräsident der PiS vorn. Bei der Stichwahl in zwei Wochen wird jedoch seine PO-Herausforderin favorisiert: Die Wähler des drittplatzierten Sozialdemokraten Marek Borowski dürften vermutlich mehrheitlich für die PO-Kandidatin votieren.

Die „Schlacht um Warschau“ stilisieren die Kontrahenten bereits zur Richtungswahl. „Wer Warschau gewinnt, gewinnt in ganz Polen“, ist der stellvertretende PO-Chef Jan Rokita überzeugt. „Wir werden gewinnen, wenn wir des Sieges sicher sind“, fordert Premier Kaczynski den PiS-Anhang in der Hauptstadt zu noch größeren Wahlkampfanstrengungen in den nächsten Tagen auf: „Wir nehmen die Herausforderung an.“

Thomas Roser

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