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Die Diskussionen um das Elterngeld kommen und gehen, nie jedoch reißen sie ganz ab.

© dpa

Geld für Geburten: Bundesregierung will an Elterngeld festhalten

Unionsfraktionschef Volker Kauder stellt das Elterngeld infrage – mal wieder. Bleiben wird es dennoch.

Von Robert Birnbaum

Es gibt Dinge, auf die ist bei Volker Kauder Verlass. Zum Beispiel mag der Chef der Unionsfraktion im Bundestag das Elterngeld nicht. Er mochte es nicht, als die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Lohnersatzleistung für Eltern, die für ihr Kind eine Zeit lang zu Hause bleiben, 2007 durchboxte. Er ist bei seiner Abneigung geblieben. Dieser Tage sind die Zahlen zur Geburtenrate in Deutschland veröffentlicht worden, sie weisen wieder nach unten, ein Rekordtief. „In der nächsten Legislaturperiode“, hat der CDU-Politiker nunmehr der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, werde man sich die Sache selbst und ihre Wirkungen „noch mal angucken müssen“.

Die Reaktionen folgen prompt. Der FDP-Chef in NRW, Christian Lindner, nutzt den Satz als Gelegenheit, das von dem gleichen Kauder verteidigte Betreuungsgeld erneut als unsinnigen Plan „mit unbekannten Nebenwirkungen“ zu geißeln. Die SPD-Stallwache im sommerurlaubenden Berlin, Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, deutet Kauders „nebulöse Andeutung“ als Zeichen, dass das Elterngeld zur Disposition stehe. Die SPD-Landeschefin von Sachsen-Anhalt, Katrin Budde, sieht gleich den „angeblichen Modernisierungskurs“ der CDU- Chefin Angela Merkel insgesamt entlarvt.

Da muss dann der Regierungssprecher betonen, die Bundesregierung stelle das Elterngeld jetzt nicht infrage: „Es ist eine sinnvolle Leistung“, versichert Steffen Seibert. Und die Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hält fest: „Ich habe niemals gesagt, dass der Sinn des Elterngeldes ist, die Geburtenrate zu steigern.“

Man könnte also einen größeren Streit aufkommen sehen. Man könnte auch Vermutungen darüber anstellen, welchen Zusammenhang es zwischen Kauders Satz und dem eines gewissen Thomas Bareiß ein paar Tage vorher gibt. „Das Elterngeld hat seinen Zweck nicht erreicht“, hatte der CDU-Abgeordnete gesagt. Es sei ein „Irrglaube zu denken, die Mehrausgaben für Familienleistungen und der Ausbau der Kinderkrippen führten auch zwangsläufig zu mehr Kindern“. Bareiß gehört zu den erklärten Konservativen in der CDU im Umkreis des sogenannten Berliner Kreises. Die Truppe will, heißt es, in diesem Sommer ein Manifest gegen all das verbreiten, was ihnen als übertriebene Modernisierung der Partei erscheint. Kauder könnte also im Sinn gehabt haben, ihnen entgegenzukommen und sie zugleich auszumanövrieren: „Überprüfen“ wäre dann das Entgegenkommen, „in der nächsten Legislaturperiode“ wäre das Ausmanövrieren. Denn: Ob die CDU nach der Wahl 2013 überhaupt noch regiert und mit wem, steht bekanntlich tief in den Sternen.

Aber vielleicht ist die Wahrheit viel einfacher. Alle Jahre wieder wird die Geburtenstatistik im Sommer veröffentlicht. Und alle Jahre wieder fällt Kauder daraufhin das Elterngeld ein. Mit Geld, hat er zum Beispiel 2011 erklärt, werde man „keinen Kindersegen erreichen“. Bei der geplanten Überprüfung aller familienpolitischen Leistungen gehöre deshalb das Elterngeld zuvörderst „auf den Prüfstand“. Diese Gesamtrevision war eigentlich in dieser Wahlperiode geplant. Kauders Hinweis auf die Zeit nach 2013 macht öffentlich, was eh jeder weiß: Daraus wird vor der Wahl nichts mehr. Und er ist auch in der Sache milder geworden. Bei gesellschaftspolitischen Fragen wie dem Elterngeld müsse man sich Zeit lassen, „damit die Regelungen in der Bevölkerung angenommen werden“. Schnelle Entscheidungen halte er für falsch.

Das mit dem Annehmen der Bevölkerung könnte sich künftig etwas bessern. Der Bundesrat billigte am Freitag ein vereinfachtes Antragsverfahren für die Leistung. Bei Ermittlung des Einkommens der Eltern vor der Geburt soll künftig mit pauschalen Beträgen bei Steuern und Abgaben gearbeitet werden – damit die Antragsteller nicht so lange warten müssen.

Bareiß und seinen Freunden wird das nicht gefallen. Sie wollen schließlich nicht, dass das Elterngeld wirkt. Sie wollen, dass es verschwindet. Dass junge Karrierefrauen sich die Kinderauszeit nehmen und danach weiter Karriere machen, passt ihnen so wenig ins Weltbild wie junge Väter, die fröhlich das Wickelvolontariat praktizieren.

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