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Politik: „Geld im Osten sinnvoller einsetzen“

SPD-Politiker verlangen: Investieren und Bürokratie abbauen / IG Metall will mehr Industrieförderung

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Berlin - In der Debatte um die Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland mahnen jetzt ostdeutsche SPD-Politiker mehr Eigenverantwortung in den neuen Bundesländern beim Umgang mit westlichen Transfergeldern und stärkere Reformanstrengungen der Landesregierungen an. Fast alle Ost-Länder würden Subventionsmittel aus dem Länderfinanzausgleich und vom Bund zum Stopfen von Haushaltslöchern statt für Investitionen ausgeben, sagte der Erfurter SPD- Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider dem Tagesspiegel. Wenn das nicht aufhöre, werde der Aufbau Ost auch in Zukunft nicht an Schwung gewinnen. „Die Bundesländer müssen viel mehr sparen und das Geld sinnvoll einsetzen“, forderte er.

Ausdrücklich mahnte der SPD-Politiker an, die Zusammenlegung von Bundesländern nicht aus dem Auge zu verlieren. Selbst wenn Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu einem mitteldeutschen Bundesland würden, gebe es dort weniger Einwohner als in Nordrhein-Westfalen. Zurzeit leisteten sich die drei Bundesländer noch drei Landesverwaltungen und Landtage.

Ähnliche Forderungen erhebt der sachsen-anhaltinische SPD-Landtagsabgeordnete Jens Bullerjahn. In einer in den neuen Ländern viel beachteten Untersuchung hatte Bullerjahn unlängst auf einen drohenden finanziellen Kollaps der Ost-Länder hingewiesen. Wegen der im Vergleich zum Westen völlig überbesetzten Verwaltungen, der Schulden und der demografischen Entwicklung werde in den Haushalten im Laufe der nächsten Jahre immer weniger Geld für Investitionen zur Verfügung stehen, heißt es in der Studie. „Die wirtschaftliche Schere zwischen Ost und West“, mahnt Bullerjahn jetzt, „wird unweigerlich auseinander gehen“. Er plädiert deshalb neben Sparprogrammen auf Landesebene für einen Solidarpakt III, mit dem der Westen die ostdeutschen Länder teilentschulden soll.

Leipzigs SPD-Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee fordert hingegen insbesondere die Landesregierungen zu mehr Reformanstrengungen auf. Vor allem beim Abbau von bürokratischen Investitionsbremsen „gibt es im Osten noch sehr viel zu tun“, sagte er. Eine neuerliche Debatte über mehr Transfermittel oder neue Aufbau-Ost-Konzepte lehnte Tiefensee ab. Alle Analysen über die Fehler der vergangenen 15 Jahre lägen auf dem Tisch, man müsse jetzt allerdings auch daraus lernen.

Der Chef der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, Olivier Höbel, wies Überlegungen, über höhere Mittel oder eine Verlängerung der Förderung zu reden, als „akademisch“ zurück. Es gehe darum, die vorhandenen Mittel effizienter einzusetzen. „Wir müssen mit aller Kraft versuchen, die Abwanderung aus dem Osten zu stoppen, denn diese belastet mittlerweile auch die Betriebe dort“, sagte Höbel dem Tagesspiegel. Er plädierte dafür, möglichst viele Fördermittel in den Aufbau industrieller Produktion zu stecken. Sonst bleibe der Osten ein „Zuschussbetrieb“. Eine Konzentration auf so genannte Kernregionen lehnte er ab. „Gefördert werden muss dort, wo die Ausgangslage vielversprechend ist. Das kann auch in der Fläche sein.“ Die Äußerungen des Bundespräsidenten zu den unterschiedlichen Lebensverhältnissen wies Höbel zurück. Der Ausgleich zwischen starken und schwachen Regionen gehöre zur Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik.

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