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Sarkozy (l.) und Cameron machen aus der Finanznot eine militärische Tugend.

© dpa

Gemeinsame Atomtests: London und Paris wollen kooperieren

Großbritannien und Frankreich haben am Dienstag einen Verteidigungs- und Rüstungspakt besiegelt, der so weit geht wie nie zuvor in der Geschichte der beiden Länder.

Auf Jahrzehnte hinaus vereinbarten London und Paris eine strategische Partnerschaft; dazu gehört auch ein bahnbrechender Vertrag, dem zufolge die beiden Länder bei der Erneuerung ihres militärischen Nuklearpotentials zusammenarbeiten wollen. Vorgesehen ist unter anderem die Zusammenarbeit bei Tests von Atomwaffen in Hightech-Laboren.

„Wenn wir uns zusammentun, können wir nicht nur unsere gemeinsame Kapazität steigern, sondern auch unsere Kapazität als souveräne Nationen“, sagte der britische Premierminister David Cameron nach der feierlichen Unterzeichnung der Verträge. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprach von einem „mutigen“ Schritt. Noch nie in der Geschichte sei das Vertrauen zwischen den Ländern so groß gewesen. In einer Welt voller Gefahren dürfe die Sicherheitspolitik nicht vernachlässigt werden, sagte Sarkozy. „Einige sprechen von einem strategischen Rückzug Europas, aber wir, Engländer und Franzosen, zeigen, dass dies nicht der Fall ist“, erklärte der Präsident.

Das Abkommen sieht die engere Zusammenarbeit der Streitkräfte beider Länder, die Aufstellung einer gemeinsamen Einsatztruppe von 6000 Elitesoldaten und engere Kooperation bei Rüstungsprojekten von der gemeinsamen Wartung des neuen Militärtransporters A 400 M bis zur Entwicklung neuer Raketensysteme vor. Frankreich scheint sich mit dem Abkommen auch von der Entwicklung des unbemannten Flugzeuges „Talarion“ mit Deutschland abzuwenden und das Projekt der europäischen Drohne nun mit den Briten vorantreiben zu wollen. London und Paris wollen gemeinsame Kapazitäten bei der Abwehr von „Cyber-Angriffen“ aufbauen und in der Terrorismusabwehr enger zusammenarbeiten. Wie sich diese Zusammenarbeit auf die enge Kooperation der britischen und amerikanischen Geheimdienste auswirkt, gehört zu vielen offenen Aspekten des Paktes.

In London macht niemand einen Hehl daraus, dass die Kooperation mindestens so sehr aus finanzieller Not wie aus politischen Erwägungen stattfindet. Beide Länder stehen unter enormen Sparzwängen. Der Pakt „beruhe auf Pragmatismus, nicht nur Gefühl“, so Cameron.

Großbritannien und Frankreich hatten trotz der 1904 besiegelten „entente cordiale“ („herzliches Einverständnis“) und der Waffenbruderschaft in zwei Weltkriegen immer wieder unterschiedliche strategische Prioritäten, zuletzt im Irakkrieg. Ob die Briten mit dem Pakt näher an Europa oder die Franzosen näher an die transatlantische Allianz rücken, ist eine Frage der Interpretation. Während Sarkozy die Zusammenarbeit als wichtigen Schritt bei der Entwicklung der europäischen Rüstungsindustrie bezeichnete, wies Cameron darauf hin, dass Europa seine Verteidigungskapazitäten steigern müsse, um an der Seite der USA effektiver in der Nato aufzutreten.

Frankreich und Großbritannien könnten vor allem im Bereich der Atombewaffnung Milliarden sparen. Beide Staaten wollen weiterhin ihre eigenen Waffensysteme und Atomsprengköpfe bauen und kontrollieren, jedoch will man Forschung und Entwicklung in der britischen Atomwaffeneinrichtung Aldermaston und Atomtests in der französischen Anlage Valduc bei Dijon zusammenlegen. Innenpolitisch ist in Großbritannien die Schaffung einer integrierten Flugzeugträgergruppe umstritten. Beide Länder können sich ab 2020 nur noch jeweils einen großen Flugzeugträger leisten.

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