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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollen zusammen Wahlkampf machen. Aber wie?

© Tobias Hase/dpa

Gemeinsamer Wahlkampf von CDU und CSU: Versöhnungskater

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz eint CDU und CSU – und macht sie ratlos.

Von Robert Birnbaum

Am Morgen danach versucht Volker Kauder den Kater zu vertreiben. Der Kater hat etliche Unionspolitiker nach dem „Versöhnungstreffen“ von CDU und CSU am Wochenende angefallen. Als Ende eines langen Streits gedacht, dokumentierte das Bild, das Angela Merkel und Horst Seehofer boten, das Nicht-Verhältnis zwischen den Parteivorsitzenden. Die mürrischen Mundwinkel sind anderntags landesweit in den Zeitungen zu betrachten, die Kommentare zum neuen Unionsfrieden fallen unfreundlich und ungläubig aus. Da muss gleich in der Frühe der Unionsfraktionschef ran. „Die CSU steht zu Angela Merkel“, versichert also Kauder im „Morgenmagazin“.

Auch in der Schwesterpartei herrsche große Erleichterung, dass der Streit jetzt begraben sei. Damit hat er sogar Recht; selbst unter Seehofers Truppen waren zuletzt fast alle genervt vom Streit.

Stark beschleunigt hat die Einsicht der Blitzstart des SPD-Kandidaten Martin Schulz. „Er ist ja wohl eine Chance für die SPD“, räumt Kauder ein. Wie sich verhindern lässt, dass aus dem Blitzstart ein Start-Ziel-Sieg wird, dazu fällt ihm vorerst nur der Hinweis auf den Wahlkampf als Marathon ein, den schon mancher nur bis zur Hälfte durchgestanden habe. Dieser Vergleich ist gerade sehr beliebt in der Union. Vielleicht, weil er suggeriert, dass sich die demoskopischen Verhältnisse schon irgendwann von selbst wieder im Sinne Merkels und der Ihren regulieren werden.

Tatsächlich weckt der beispiellose Umschwung in den Umfragen ja auch in der Fachwelt Zweifel. Der Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner etwa, von der „Berliner Zeitung“ befragt, traut dem Genossen-Trend nicht. „Ich glaube dem nicht wirklich“, sagt Schöppner. „Durch Nichts-Tun kann man nicht so einen Meinungsumschwung erreichen.“

Der Schwung ist trotzdem da; nur weiß so recht keiner warum. Noch liegen kaum Details darüber vor, welche Wähler den Schulz-Hype antreiben. Aber wer etwa den ARD-Deutschlandtrend vor und nach seinen Nominierung vergleicht, findet immerhin einen Hinweis.

Mit Schulz gibt es plötzlich eine Alternative zur Kanzlerin

Die Infratest-Forscher gliedern die Antworten auf die Frage nach einem Direktwahl-Kanzlerliebling nämlich nach Parteipräferenz auf. Und da zeigt sich ein Muster: Unter Unionsanhängern hat sich an der Zuneigung zu Merkel zwischen Dezember und Anfang Februar im Vergleich zu Schulz fast nichts geändert. Bei FDP-Anhängern legt Merkel sogar zu. Aber nicht nur SPDler, sondern auch Grünen-, Linken- und AfD-Anhänger schwenken praktisch komplett ins Schulz-Lager.

Bei der „Alternative“ ist das verständlich – der Rechtspartei ist jeder lieber als die Kanzlerin. Aber bei Grünen- und Linken-Wählern scheint ein ähnlicher Effekt vorzuliegen. Vielen dort galt die Unterstützung von Merkel offenbar als eigentlich ungeliebte, aber einzig vernünftige Antwort auf eine Welt im Zeichen Donald Trumps. Schulz erscheint nun als zweite Antwort – für die sich ein Demokrat mit linkem Weltbild leichteren Herzens entscheiden kann. Sein Aufschwung würde sozusagen im eigenen Lager finanziert, während sich an Merkels Lager-Eigenkapital nur wenig ändert. An ihrem Auftreten, sagt Kauder, ändert sie auch nichts: „Sie hat ihre Art, die Dinge anzupacken.“

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