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Politik: Gemischte Bilanz

Regierungsbericht: Die Hartz-Gesetze I bis III haben sich teils bewährt, doch es gibt auch Defizite

Berlin - Die Bilanz ist durchwachsen: Die durch die Hartz-Gesetze veränderte Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre hat die Chancen der Arbeitslosen bei der Suche nach einem neuen Job zum Teil verbessert, zum Teil verpufften die Maßnahmen aber auch. Das geht aus einem 2500 Seiten starken Bericht hervor, in dem Arbeitsmarktforscher die Wirkungen von Hartz I bis III untersucht haben und der am Mittwoch dem Kabinett vorgelegt wurde. Ob auch Langzeitarbeitslose von Hartz IV profitieren, wird in einem getrennten Gutachten untersucht.

Sperrzeiten: Wenn ein Arbeitnehmer die Kündigung erhält, muss er sich zügig arbeitslos melden – spätestens drei Monate vor dem Ende seines Arbeitsvertrags. Wer den Termin verschläft, dem droht eine Kürzung des Arbeitslosengeldes. Ziel ist, dass die Arbeitsagentur frühzeitig mit der Vermittlung beginnen kann, so dass der Betroffene im Idealfall von einem Job in den nächsten wechselt, ohne arbeitslos zu werden. Das gelang im Jahr 2005 jedoch nur bei 7,5 Prozent der frühzeitigen Meldungen, die große Mehrheit der Betroffenen wurde erst einmal arbeitslos. Zumindest für bestimmte Personengruppen hat sich die Verhängung von Sperrzeiten bewährt: Wer ein zumutbares Angebot der Arbeitsagentur abgelehnt hat, dem kann die Leistung vorübergehend gekürzt werden. Bei einem Teil der Betroffenen führte dies dazu, dass sie durch den Druck bereit waren, eine Beschäftigung anzunehmen.

Personal-Service-Agenturen: Die PSA sollen Arbeitslose als Zeitarbeiter an Unternehmen verleihen. Die Hoffnung war, dass sich darüber auch eine feste Anstellung ergeben kann. In den Nichtverleihzeiten sollten die Arbeitslosen qualifiziert werden. Doch durch die Beschäftigung in der PSA haben sich in den Jahren 2003 und 2004 sogar die Chancen von Arbeitslosen verschlechtert – sie fanden erst später einen Job als andere Arbeitslose. Die Politik hat daher bereits reagiert und schreibt inzwischen nicht mehr jeder Arbeitsagentur vor, mindestens eine solche Verleihfirma einzurichten.

Förderung beruflicher Weiterbildung: Die Bundesagentur finanziert nur noch Kurse, die eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit haben, die Maßnahmen dauern zudem nicht mehr so lange. Die Zahl der genehmigten Weiterbildungen schrumpfte zwischen 2000 und 2005 auf ein Viertel zusammen: von 523 000 auf 132 000 im Jahr. Die Erwerbschancen der Betroffenen haben sich deutlich dadurch verbessert, dass bei der Auswahl der Kurse stärker geprüft wird. Besonders gut waren die Chancen dann, wenn in dem Kurs der Abschluss in einem anerkannten Beruf vermittelt wurde.

Ich-AG und Überbrückungsgeld: Bereits seit 1986 konnten Arbeitslose auf dem Weg in die Selbständigkeit mit dem Überbrückungsgeld gefördert werden. 2003 kam die Ich-AG als Existenzgründungszuschuss hinzu. Beide Instrumente haben sich bewährt, viele der geförderten Gründer sind auf mittlere Sicht erfolgreich: Auch gut zwei Jahre nach Förderbeginn haben die Forscher hohe positive Effekte gemessen, im Osten stärker als im Westen. Frauen schneiden leicht besser ab als Männer. Trotz der positiven Bewertung hat die große Koalition auf Druck von CDU und CSU die Ich-AG Mitte 2006 abgeschafft.

Lohnkostenzuschüsse: Die Arbeitsagenturen können zeitlich befristet Zuschüsse an Arbeitgeber zahlen, wenn diese Personen mit Vermittlungshemmnissen einstellen. Nach Ansicht der Vermittler führen diese Zuschüsse zwar nicht zu zusätzlichen Einstellungen, können aber die Personalauswahl der Betriebe beeinflussen. Die Chancen von Älteren über 50 Jahren haben sich durch die speziellen Zuschüsse allerdings nur geringfügig verbessert. Viele Unternehmen sehen den Zuschuss außerdem als ein willkommenes Geschenk: Von den befragten Betrieben gibt die Mehrheit an, dass sie sich erst für einen Bewerber entscheiden und im Anschluss den Zuschuss beantragen.

Minijobs: Die 400-Euro-Minijobs, die es seit April 2003 gibt, werden vor allem im Dienstleistungsbereich ausgeübt. Im Juni 2006 gab es etwa 6,8 Millionen Minijobber, im Westen ist diese Beschäftigungsform relativ häufiger als im Osten. Bei den Unternehmen sind die Minijobs als flexibles und kostengünstiges Instrument geschätzt. Ob Minijobs reguläre Beschäftigung verdrängen, ist umstritten – und nach Ansicht der Wissenschaftler nicht nachweisbar. Die Befragungen ergeben aber, dass die Minijobs sich für Arbeitslose nicht als Brücke in den Arbeitsmarkt bewährt haben. Das heißt: Wer einen 400-Euro-Job ausübt, dessen Chancen auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steigen dadurch nicht.

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