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Politik: „General Musharraf muss gehen“ In Pakistan gibt sich Bhutto kämpferisch

Lahore - Milchig scheint die Novembersonne herab. Polizisten in schwarzen Uniformen und mit Schlagstöcken versperren jedem den Weg.

Lahore - Milchig scheint die Novembersonne herab. Polizisten in schwarzen Uniformen und mit Schlagstöcken versperren jedem den Weg. Stacheldraht und quergestellte Lastwagen blockieren die breite Straße in Lahores Nobelviertel Defence Housing. In einer Villa dahinter befindet sich Benazir Bhutto. Vor dem Stacheldraht lungern Journalisten herum. Sie langweilen sich und warten, dass etwas passiert.

Schließlich erbarmt sich ein Dutzend Bhutto-Anhänger ihrer. Mit Siegeszeichen posieren sie für die Kameras und skandieren lauthals „Lang lebe Benazir“. Polizisten zerren sie weg und verfrachten sie in einen schwarzen Laster – nicht ohne allerdings Fotografen und Kameraleuten ausreichend Zeit zu lassen, noch ein paar schöne Schnappschüsse von den Demonstranten zu machen.

Fünf Minuten später ist der Spuk vorbei. Alles ist wieder ruhig. Einige Polizisten lächeln amüsiert. Es sind ohnehin mehr Medienleute da als Bhutto-Anhänger. Großartig hatte die Chefin von Pakistans größter Oppositionspartei PPP wieder Massenproteste angekündigt, diesmal einen „langen Marsch für die Demokratie“ über 290 Kilometer von Lahore nach Islamabad. Und Militärherrscher Pervez Musharraf hat sie wieder unter Hausarrest stellen lassen, um die Proteste zu verhindern. Doch von den Massen ist in Lahore weit und breit nichts zu sehen. Die Agenturen melden, ein paar PPP-Anhänger seien am Ende doch noch zum Protestmarsch aufgebrochen. Aber niemand weiß so recht, wo sie stecken. Und in Lahore scheint der Wirbel um Bhuttos Hausarrest niemand wirklich zu scheren. Das Leben geht seinen normalen Gang. Kinder gehen zur Schule, in den Mittagsstunden staut sich der Verkehr – und alle 50 Meter blickt von Straßenpostern Musharraf auf einen herab.

Erneut ist der von Bhutto groß angekündigte Massenprotest ins Wasser gefallen. Aber überrascht hat das viele nicht. Viel spricht dafür, dass es Bhutto nie wirklich ernst gemeint hat mit dem Protestmarsch. Dabei hätte sie wahrscheinlich die Macht dazu. Die PPP-Chefin könnte die Massen gegen den von Musharraf verhängten Ausnahmezustand mobilisieren, aber sie tut es nicht. Bisher hat sie vor allem laviert und taktiert.

Der Machtkampf um Pakistans Zukunft wird nicht auf den Straßen ausgetragen – sondern hinter den Kulissen. Und allen Lippenbekenntnissen zum Trotz, davon sind viele Pakistaner überzeugt, hat Bhutto heimlich weiter mit Musharraf gekungelt. Ihr zwielichtiges Spiel hat viele Menschen, vor allem die bürgerliche Opposition, tief enttäuscht. Das scheint inzwischen auch Bhutto zu merken, die im Oktober nach acht Jahren aus dem Exil heimgekehrt war. Noch misstrauen viele Pakistaner ihren Worten. Aber erstmals erklärte sie am Dienstag in Interviews, sie werde nicht Regierungschefin, wenn Musharraf Präsident bleibe. „General Musharraf muss gehen“, sagte Bhutto. Es ist ihre erste offene Kampfansage an den Militärherrscher. Sollte sie dabei bleiben, wären Musharrafs Tage wohl gezählt. Aber viele bleiben skeptisch: Vielleicht ist es auch nur ein neues Medienmanöver Bhuttos, um sich als wahre Demokratin, als Volksheldin zu inszenieren.

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