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Politik: General und Gummistiefel

Sachsens Ministerpräsident nutzt die Aufbruchstimmung nach der Flut – und hat prominente Helfer

Von Ralf Hübner, Dresden

Die Sirenen schwiegen, als das Hochwasser über Sachsen hereinbrach und in 17 Landkreisen und kreisfreien Städten Katastrophenalarm ausgelöst werden musste. Sie waren Anfang der 90er Jahre von den Dächern montiert worden. Aber wie die Menschen vor Katastrophen warnen, wenn der Strom ausgefallen ist? Jetzt wird in Sachsen über jene Sirenen neu nachgedacht. Die Nachbereitung des Katastropheneinsatzes, die Manöverkritik, hat begonnen.

Diese Arbeit hat Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) in die Hände einer unabhängigen Kommission unter der Leitung des Bundeswehrgenerals a. D. Hans-Peter Kirchbach gelegt, der sich beim Oderhochwasser 1997 als „Held der Oder“ einen n gemacht hatte. Jene Kommission, der zudem der Präsident des Statistischen Landesamtes, Hartmut Biehle, und der Justizstaatssekretär Stefan Frank angehören, soll die Abläufe in den Katastrophenstäben durchleuchten, Fehler analysieren und Vorschläge machen. Ihre Einsetzung gilt als kluger Schachzug, bei der sich Milbradt einmal mehr als guter Taktiker erweist. Dabei geht es ihm nicht so sehr um die vergangenen Ereignisse. Milbradt schaut nach vorn. Es ist der Aufbauwille nach der Flut, der sich überall zeigt, und den er als zweiten Atem für den Aufbau in ganz Sachsen nutzen will.

Jenen zweiten Schwung für den Aufbau, den hatte er vor seinem Amtsantritt versprochen und sich bislang vergeblich gemüht. Der Aufbau müsse weitergehen, trotz der Katastrophe, heißt es jetzt. So will Milbradt die Eckwerte des Staatshaushaltes der kommenden zwei Jahre, der an diesem Mittwoch in den Landtag eingebracht wird, nicht durch höhere Neuverschuldung korrigieren. Nur einige Großprojekte wie der City-Tunnel in Leipzig oder der Bau einer neuen Dresdner Elbbrücke sollen verschoben werden. Für die direkten Hochwasserschäden sieht Milbradt vor allem den Bund in der Pflicht. In einem Gespräch zwischen Kanzler Schröder und Milbradt am Dienstag konnte eine Einigung über die Aufteilung der Hilfsmittel für die Hochwasseropfer erreicht werden. Von den 9,8 Milliarden zugesagten Hilfsmitteln werde sofort eine Milliarde für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt. „Jetzt ist umfassende Hilfe für bedrohte Existenzen gefragt“, sagte Schröder.

Damit Vorgänge wie in Dresden, wo das Krisenmanagement heftig kritisiert wird, den Aufbauwillen der Sachsen nicht untergräbt, will Milbradt mit der neuen Kommission schlechte Stimmungen auffangen. Dabei ist er darauf bedacht, den Imagegewinn, der ihm zugewachsen ist, als er in Gummistiefeln durch die Hochwassergebiete stapfte, nicht zu verspielen. In der Katastrophe hätten die Leute der Regierung vertraut, sagt er. Das soll so bleiben. Die Kommission kann die Debatte um Fehler in den Katastrophenstäben von der Regierung fernhalten. Sollte sie im Einzelfall persönliches Versagen feststellen, würden Konsequenzen gezogen.

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