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Erneut legt ein Streik Teile des öffentlichen Lebens in Athen lahm. Vor der parlamentarischen Abstimmung über das neue Sparpaket mobilisierten Gewerkschaften zu einem 48-stündigen Generalstreik. Schon am Vormittag erreichten mehr als 10 000 Demonstranten das Parlament und forderten die Abgeordneten lautstark auf, das Sparprogramm nicht zu billigen.

© Reuters

Generalstreik in Griechenland: Die Wütenden vom Syntagmaplatz ‎

Griechenland rebelliert. Während das Parlament über das Sparkpaket abstimmt, liegt das Land im Streik. Auf dem Syntagmaplatz in Athen toben die Massen. Fotograf Willi Harry Grieser ist unter den Demonstrierenden. Dem Tagesspiegel hat er von seinen Erlebnissen berichtet.

16 Uhr: Gerade ist es ruhiger. Die Polizei hat sich vom Syntagmaplatz-Platz zurückgezogen. Aber die Lage könnte jederzeit wieder eskalieren. Die Menschen hier wollen nicht vom Platz weichen, bis die Regierung zurückgetreten ist. Es sind ganz normale Bürger: Rentner, Kinder, Arbeitslose, insgesamt mehrere zehntausend Menschen. Sie demonstrieren, weil sie sich etwas ganz Neues für ihr Land wünschen. Es sind nicht alles Anarchisten, wie vielleicht viele vermuten - das sind vielleicht ein paar Hundert. Bei den Ausschreitungen gab es beispielsweise auch Schauspielergruppen, die sich vor die Polizei gestellt und gesungen haben - ganz friedlich. Für die aggressiven Anschläge sind meiner Meinung nach Provokateure verantwortlich, die richtigen Krawall machen wollen.

Der Platz und die Nebenstraßen sind voll

Vorhin war es heftig. Während der massiven Ausschreitungen haben die riesigen Menschenmassen die Polizei zurückgedrängt. Tränengas wurde versprüht, ein Fernsehwagen angezündet und eine McDonald's-Filiale zerstört. Ich bin innerlich immer noch sehr aufgeregt. Die Menschen hier auf dem Platz haben es irgendwie geschafft, die Polizisten vom Platz zu drängen. Eine Festnahme habe ich gesehen - bisher aber glücklicherweise noch keine Verletzten. Gerade wurde der Fernsehwagen von der Feuerwehr gelöscht. Die Menschen ziehen jetzt aus den vollen Nebenstraßen auf den Platz zurück.

Sie haben Angst, noch ärmer zu werden

Sie schreien, singen und rufen im Chor: „Raus aus dem Sparpaket. Es wird nicht verabschiedet. Die Regierung wird mit dem Helikopter aus dem Parlament ausgeflogen werden, weil wir es umzingelt haben." Die Menschen hier sind wütend auf die Regierung und sie haben Angst, noch ärmer zu werden. Es gibt viele Menschen in Griechenland, die hungern. Auch ich kenne viele, die keinen Strom mehr haben, weil er ihnen abgedreht wurde.

Sie sind auf Gegenwehr der Regierung eingestellt

Die Menschen hier auf dem Platz sagen immer das Gleiche: Die Regierung soll gehen, gehen, gehen. Sie rufen: "Der Kommunismus ist noch nicht zu Ende und wir sind alles andere als eine Demokratie." Sie glauben, dass es in Griechenland nicht mehr schlimmer kommen kann und dass es Zeit werde, dass etwas passiert. Die Menschen hier nehmen sich ein Beispiel an den Revolutionsländern wie Ägypten. Aber sie glauben auch, dass die Regierung nicht zurücktreten und vorher lieber Panzer auf die Straße schicken wird. Sie wappnen sich.

Sie rechnen mit über einer Million Demonstranten

Heute Abend sind weitere Kundgebungen mit weiteren Demonstranten aus ganz Griechenland angekündigt. Ich weiß, dass Busse aus Thessaloniki auf dem Weg hierher sind - genau wie 500 Motorradfahrer auf ihren Rädern. Auf dem Platz rechnen die Menschen mit mindestens einer Million Demonstranten. Ihr Plan: Sie wollen das Regierungsgebäude umzingeln. Denn morgen ist die Verabschiedung des Sparpakets - und die wollen sie mit aller Macht verhindern.

Der freie Fotograf Willi Harry Grieser lebt seit Jahren in Thessaloniki. Er ist seit Montag in Athen, um den Generalstreik zu verfolgen. Es protokollierte Hadija Haruna.

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