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Politik: Generation Wir

Für die Jüngeren muss mehr getan werden, sagen Nachwuchspolitiker. So weit wie Mißfelder gehen sie aber nicht

Von Antje Sirleschtov

Irgendwie sind sie ihm schon dankbar, obwohl er ihnen eigentlich einen Bärendienst erwiesen hat. Die Rede ist von den jungen Parlamentariern im Bundestag und in den Ländern und den Äußerungen des Jung-Christdemokraten Philipp Mißfelder zum Thema Generationengerechtigkeit. Die Altvorderen schäumen: „Das ist unter aller Sau“, sagte Stoiber nach Angaben des „Münchner Merkur“ zu Mißfelders Vorstoß, an den Gesunheitsleistungen für Ältere zu sparen. Der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber bezeichnete die Diskussion als „ebenso befremdlich wie bedenklich“.

Einen Bärendienst hat Mißfelder zum Beispiel dem CDU-Fraktionschef im Niedersächsischen Landtag, David Mc Allister, 32, erwiesen. Dessen beachtliche politische Karriere hat, spätestens seit er in diesem Jahr sein Amt übernahm, sehr viel mit generationenübergreifendem Vertrauen zu tun. Denn die älteren CDU-Abgeordneten waren anfangs skeptisch, ob man so einem Jungspund überhaupt so viel Verantwortung übertragen könne. Seit nun der Chef der Jungen Union, Mißfelder, fordert, alten Menschen keine neuen Hüftgelenke einzusetzen, sagte Mc Allister, „stehe ich wieder unter Generalverdacht“. Reihenweise riefen ihn ältere Parteimitglieder an und fragten besorgt, ob er als 32-Jähriger auch solche Auffassungen vertrete. Andauernd müsse er erklären, „was der Mißfelder da für Quatsch redet“. Die Verunsicherung darüber sei groß, was den jungen Politikern noch so einfällt. „Was ich an Sacharbeit leiste“, klagt Mc Allister, „interessiert auf einmal nicht mehr“. Dabei sei er seit Monaten damit beschäftigt, etwa durch den Abbau der Staatsverschuldung, Lasten von der jungen Generation fern zu halten, ohne die Älteren zur Kasse zu bitten.

Auch Hubertus Heil, 30 Jahre alt und SPD-Bundestagsabgeordneter, findet die Auffassungen von Mißfelder zwar „dummdreist“. Doch die Debatte um die Generationengerechtigkeit bezeichnet Heil als „wichtig und richtig“. Denn Heil gehört als Mitglied der Jungen-Gruppe „Netzwerk“ in seiner Fraktion zu denen, die innerhalb der Führungsriege seit längerem um junge Themen werben. Die Netzwerker wollen sich mit einem eigenen Positionspapier im Herbst auf dem Programmparteitag der SPD zu Wort melden. Ihr Ziel, Familien- und Bildungspolitik aus der Nebenrolle des Regierungshandelns in dessen Zentrum zu stellen, drohte schon angesichts der vielen anderen Themen wie Arbeitsmarkt und Sozialreformen unterzugehen.

Nun, befindet Heil, könne jeder sehen, dass es einen „unheilvollen Trend zur Entsolidarisierung“ unter den jungen Menschen gebe. Denn schließlich sei die Position Mißfelders nichts anderes als die Offenbarung des eigenen Egoismus. Eine Auffassung, die Matthias Berninger, 32-jähriger Staatssekretär und Grünen-Bundestagsabgeordneter nicht nur teilt. Berninger treibt es sogar noch weiter: „Wenn wir uns in der Politik nicht umgehend mit den Sorgen der jungen Familien befassen“, sagt er, „dann wird Mißfelder in ein paar Jahren sogar recht behalten“.

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