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Etwas ist schief. Werden die Jüngeren benachteiligt?

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Update

Generationengerechtigkeit: Jung gegen Alt - eine Koalitionsfrage

Ausgaben in Milliardenhöhe, doch wer soll das bezahlen? Die Jugendorganisationen der Parteien fürchten, dass künftige Generationen unter den Entscheidungen leiden. Doch Kanzlerin Angela Merkel geht auf die Forderungen der Jungen Union nur zum Teil ein.

Von Katrin Schulze

Die Jugendorganisationen der Parteien warnen Union und SPD davor, eine große Koalition zu Lasten junger Menschen zu bilden. „Wir stemmen uns dagegen, dass zu viele Wünsche aus den Arbeitsgruppen kommen, die der jungen Generation aufgebürdet werden sollen“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Nachwuchsorganisation, Philipp Mißfelder, dem Tagesspiegel. Wie die Junge Union fordern auch Jusos und Grüne Jugend die Fraktionen auf, in den Koalitionsverhandlungen mehr Rücksicht auf Jüngere zu nehmen und die Kosten für diese zu minimieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte auf dem Deutschlandtag der JU in Erfurt am Abend jedoch den Kurs der CDU bei der Mütterrente. Sie wisse, dass es in dieser Frage Vorbehalte in der Jungen Union gebe. Es sei aber richtig, dass die Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren worden seien, mehr Rente bekämen.

Noch während des Wahlkampfes hatte Merkel gesagt, der demografische Wandel sei Deutschlands „größte Herausforderung in den nächsten zehn oder 20 Jahren“. Nun behauptet Mißfelder: „Die Pläne der Fraktionen beziehen sich nur auf die Gegenwart, das hat mit der Zukunft wenig zu tun.“ Auch die stellvertretende Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann kritisierte, dass „für junge Leute in den Koalitionsverhandlungen bisher noch nicht viel erreicht wurde“. Felix Banaszak aus dem Vorstand der Grünen Jugend sprach von „einer Politik von alten Menschen für alte Menschen“.

Die Belastungen Pflege und Rente

Der JU-Vorsitzende Mißfelder stößt sich besonders daran, dass die Pläne von SPD und Union nicht gegenfinanziert seien. „Die Parteien sollte nicht auf die Idee kommen, die zahlreichen Ausgabenwünsche durch neue Schulden zu finanzieren. Denn das würde die kommende Generation massiv belasten“, sagte er. Die geplante Rentenpolitik hält Mißfelder für „unfinanzierbar“. Die Ausgabenwünsche von Union und SPD in der Rente summierten sich mittlerweile auf über 20 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich, sagte der neue Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, Carsten Linnemann.

Mißfelder sieht das größte Risiko bei der Pflegeversicherung. Zusammen mit dem CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn schlägt er deshalb den Aufbau eines Vorsorgefonds in der Pflege vor. Das wäre ein klares Signal, „dass wir auch an die Beitragszahler von morgen denken“, sagte Spahn. „Denn die Babyboomer-Generation der 50er und 60er Jahre wird erst noch alt.“ Hier kam Merkel ihrer Parteijugend entgegen. Sie kündigte an, einen Teil der geplanten Erhöhung des Pflegebeitrags für eine solche Demographiereserve zu verwenden.

Bei anderen Themen wies die Kanzlerin die JU zurecht. Auf die Forderungen etlicher Delegierter, dass die Union in zentralen Punkten wie der doppelten Staatsbürgerschaft oder dem Mindestlohn nicht nachgeben dürfe, sagte Merkel: "Ich verstehe Ihre Sorgen. Aber ich bin im Augenblick mehr damit beschäftigt, Dinge zusammenzuführen. Denn wir wollen regieren.“ Sie stimmte ihre Partei auf Kompromisse vor allem beim Mindestlohn ein. “Es wird nicht unser Mindestlohnkonzept sein“, sagte sie in Erfurt. “Ich sage ganz ehrlich, die 8,50 Euro werden eine Rolle spielen.“ CDU und CSU würden hart für ihre Positionen kämpfen, müssten aber auch Kompromisse eingehen. “Es hat keinen Sinn, wenn wir uns Illusionen hingeben.“

Kommt ein Internetminister?

Um die Belastungen für die Jüngeren zu reduzieren und Investitionen für ihre Zukunft zu ermöglichen, fordern die Jusos, wieder über Steuererhöhungen für Besserverdienende nachzudenken. „Mit dem Thema haben wir noch nicht abgeschlossen“, sagte Uekermann. Ebenso hält es die Grüne Jugend „nach wie vor für sinnvoll, die Steuerfrage bei den Koalitionsverhandlungen nicht auszuklammern“, sagte Banaszak. Es sei enttäuschend, dass die SPD „so schnell diesem Vorhaben abgekommen ist“. CDU-Mann Mißfelder hingegen schließt Steuererhöhungen ebenso wie neue Schulden komplett aus, stattdessen müsse die Politik richtige Schwerpunkte setzen und lernen, mit dem vorhandenen Geld umzugehen.

Neben den finanziellen Belastungen für kommende Generationen kritisieren die Jugendorganisation, dass in den Koalitionsverhandlungen Themen wie Netzpolitik, die Jüngere ansprechen, nicht ausreichend behandelt werden. So fordert die Junge Union zum Beispiel die Berufung eines Internetministers, der „als Ansprechpartner für die wachsende Community zur Verfügung steht“.

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