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Politik: Genforschung: Import von Stammzellen entzweit SPD und Grüne

Die rot-grüne Regierungskoalition steht vor einer Zerreißprobe. Am späten Montag abend kommt die Koalitionsrunde im Kanzleramt zusammen.

Die rot-grüne Regierungskoalition steht vor einer Zerreißprobe. Am späten Montag abend kommt die Koalitionsrunde im Kanzleramt zusammen. Thema: der Import von embryonalen Stammzellen nach Deutschland. SPD und Grüne sind unter Druck geraten durch einen Antrag, den die CDU in den Bundestag eingebracht hat. Darin fordert sie: "Kein Import und keine Forschung an embryonalen Stammzellen" bis zu einer Bundestags-Entscheidung.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Am Donnerstag könnte das Parlament in erster Lesung darüber diskutieren, wenn die SPD dies nicht bis nach der Sommerpause verzögern will. Zu einer Abstimmung über das Moratorium wird es ohnehin erst im September kommen. Angesichts von immer mehr Forschern, die embryonale Stammzellen nach Deutschland holen wollten, sei das Moratorium "dringlicher denn je", sagte Böhmer. Die Union habe mehrfach versucht Brücken zu schlagen. Jetzt müsse die Regierung entscheiden. An der Runde im Kanzleramt nahmen neben der Partei- und Fraktionsführung von SPD und Grünen auch die Genexperten beider Parteien, Margot von Renesse und Andrea Fischer teil. "Wir werden uns auf ein Verfahren einigen, wie wir in der Stammzellen-Frage weiter vorgehen", sagte Fischer vor Beginn der Koalitionsrunde. Von einer gemeinsamen Linie in der Sache wollte sie nicht reden.

Fischer und von Renesse hatten sich in den vergangenen Tagen auf die Linie geeinigt, wonach der Bundestag im Herbst über den Import von embryonalen Stammzellen entscheiden soll. Das aber passt dem Bundeskanzler nicht, der erst mal den Nationalen Ethikrat in dieser Frage zu Wort kommen lassen will. Das wäre dann ein Aufschub der Entscheidung bis mindestens Dezember. Von Schröder ist bekannt, dass er den Stammzellen-Import nicht verbieten will. Da scheint die Offerte von FDP-Chef Guido Westerwelle gerade recht zu kommen. Westerwelle bot Schröder am Montag an, in der Gen-Frage statt auf die Grünen auf die FDP zu setzen. "Ich biete Herrn Schröder ausdrücklich an, dass wir seiner vernünftigen Position zur Mehrheit verhelfen." Die Politik müssten endlich handeln, denn die Forscher hörten nun mal nicht auf zu forschen. FDP-Fraktionschef Wolfagng Gerhardt kündigte an, die FDP werde am heutigen Dienstag zwei Entschließungsanträge in den Bundestag einbringen, in denen sowohl der Import von embryonalen Stammzellen als auch die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) gefordert wird. Zur PID werden die Liberalen auch einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Embryonenschutzgesetzes in den Bundestag einbringen.

Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, wandte sich heute gegen ein Verbot des Importes von embryonalen Stammzellen. Im Deutschlandradio Berlin sagte er am Montag, das von CDU/CSU angestrebte Moratorium könne nur sehr schwer wieder aufgehoben werden. Damit würde auch die gerade begonnene Diskussion über Chancen und Risiken der Embryonenforschung unterbunden. Zur Begründung seiner Position verwies Winnacker auf den anstehenden Wahlkampf. Für ein neues Emybronenschutzgesetz oder ein Fortpflanzungsmedizin-Gesetz seien mindestens eineinhalb bis zwei Jahre erforderlich. "Und das ist eine lange Zeit auf diesem Arbeitsgebiet", sagte der DFG-Präsident. Er fordert von der Politik, für die Forschung genaue Rahmenbedingungen vorzugeben: "Wir können nicht immer vom Geist des Gesetzes reden, wir können nicht immer von Gesetzeslücken reden." Irgendwann müsse etwas geschehen. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye wollte die Äußerungen des DFG-Präsidenten nicht kommentieren. Die Bundesregierung warte in dieser Frage die angekündigte Äußerung des Nationalen Ethikrates ab.

Markus Feldenkirchen

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