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Politik: Gentechnik: Herzklopfen im Reagenzglas

Während in Deutschland noch vor allem über moralische Grundsatzfragen debattiert wird, melden israelische Wissenschaftler wieder einen praktischen Erfolg: Ihnen ist es nun erstmals gelungen, im Labor aus embryonalen Stammzellen Herzzellen zu züchten. Das gezüchtete Herzgewebe sei in der Lage, spontan zu schlagen und habe die elektrischen Eigenschaften und die mechanische Charakteristik junger Herzzellen.

Während in Deutschland noch vor allem über moralische Grundsatzfragen debattiert wird, melden israelische Wissenschaftler wieder einen praktischen Erfolg: Ihnen ist es nun erstmals gelungen, im Labor aus embryonalen Stammzellen Herzzellen zu züchten. Das gezüchtete Herzgewebe sei in der Lage, spontan zu schlagen und habe die elektrischen Eigenschaften und die mechanische Charakteristik junger Herzzellen. An der Studie beteiligt waren Izhak Kehat und Lior Gepstein von der Medizinischen Fakultät am Technion in Haifa sowie ein Team des Rambam Medical Center in Haifa unter Leitung des Gynäkogen Joseph Itskovitz-Eldor. Itskovitz-Eldor hatte schon einmal für Aufregung gesorgt. 1998, als er zusammen mit dem Amerikaner James A. Thomson die ersten embryonalen Stammzellen gezüchtet hat.

Die Züchtung der Herzzellen sei ein großer Fortschritt in der Heilung von Herzkrankheiten, sagte Gepstein. Denn da Herzzellen von Erwachsenen sich nicht mehr teilen und sich dadurch auch nicht mehr erneuern können, sind Schäden am Herzmuskel bisher irreparabel. Die Forscher hoffen nun, einen Schritt näher an den Tag gerückt zu sein, an dem sie zum Beispiel durch Infarkte geschädigtes Herzgewebe durch gezüchtetes ersetzen können. Bis dahin sei aber noch viel Forschung nötig, sagten die Wissenschaftler. Denn es müsse erst einmal festgestellt werden, ob die Zellen - ins Herz implantiert - überhaupt lange genug leben. Auch sei noch nicht klar, wie man das Problem löst, dass der Patient das fremde Gewebe abstößt. Eine weitere Gefahr, sagte der Kölner Molekularbiologe Heribert Bohlen dem Tagesspiegel, sei die Möglichkeit, dass sich die Zellen im Herzen plötzlich entschieden, sich nicht mehr in Herzzellen, sondern etwa in Haarzellen zu teilen - und damit einen Tumor bilden. Es müsse eine hundertprozentige Sicherheit geben, dass Herzzellen auch Herzzellen blieben. Bohlen rechnet damit, dass es noch zehn Jahre dauern wird, bis die gezüchteten Zellen am Menschen angewandt werden können.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Was die Iraelis jetzt an menschlichen Stammzellen gezeigt haben, das machen Forscher seit Jahren schon an den Stammzellen der Maus. Auch dort haben sich im Reagenzglas Herzzellen entwickelt - allerdings auch alle anderen Zellarten. Das Ziel war es, den Anteil der Herzzellen ständig zu steigern. Die Israelis haben nun das Wissen von der Maus auf den Menschen übertragen - und einen Herzzellen-Anteil von 27 Prozent erhalten. "Das ist sensationell viel", sagte Bohlen. Die Frage sei jetzt allerdings, welche Reinheitsstufe diese Zellen hätten, also wie sicher es sei, dass sie sich nicht mehr spontan in andere Zelltypen entwickeln. Denn das sei die alles entscheidende Frage.

Kerstin Kohlenberg

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