zum Hauptinhalt

Politik: Gentechnik: Test-Tourismus

Der Lübecker Gynäkologe Klaus Diedrich muss möglicherweise mit einem Ermittlungsverfahren wegen der Vermittlung von Paaren zu Gentests an Embryonen ins Ausland rechnen. Die Staatsanwaltschaft Lübeck prüft, ob ein Anfangsverdacht gegen den Reproduktionsmediziner und führenden Befürworter der Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland besteht.

Der Lübecker Gynäkologe Klaus Diedrich muss möglicherweise mit einem Ermittlungsverfahren wegen der Vermittlung von Paaren zu Gentests an Embryonen ins Ausland rechnen. Die Staatsanwaltschaft Lübeck prüft, ob ein Anfangsverdacht gegen den Reproduktionsmediziner und führenden Befürworter der Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland besteht. Die Staatsanwaltschaft sei nach einer Strafanzeige des Essener Forums zur Beobachtung der Biowissenschaften "Bio-Skop" tätig geworden, bestätigte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft, Günter Möller.

Bio-Skop hatte die Staatsanwaltschaften in Düsseldorf und Lübeck im März aufgefordert, Ermittlungen gegen verschiedene Ärzte einzuleiten, die Ehepaare zur in Deutschland verbotenen PID in die Niederlande oder nach Belgien vermitteln. Bio-Skop-Sprecherin Erika Feyerabend verwies auf einen Bericht des "Spiegel" vom März. Darin hatte Diedrich gesagt, dass viele Reproduktionsmediziner ihre Patientinnen ins Ausland verwiesen. Diedrich wörtlich: "Natürlich machen das alle, aber wenn das jemand sehr ungünstig auslegt, könnte es Beihilfe zur Durchführung einer Straftat sein."

Bio-Skop beruft sich auf einen Brief von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), in dem die Ministerin darauf hinweist, dass Ärzte, die Frauen wegen einer PID ins Ausland vermitteln, sich unter Umständen strafbar machen. Das gelte selbst dann, wenn die Tat nach dem Recht des Landes, in dem die Diagnostik an im Reagenzglas erzeugten Embryonen stattfinde, nicht mit Strafe bedroht sein sollte. Nach Experten-Angaben reisen bis zu 100 deutsche Paare jährlich zu PID-Behandlungen nach Belgien und Holland, wo die Tests nicht verboten sind.

Ärzte in Deutschland könnten dafür mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren bestraft werden. Eine Frau, die die Behandlung vornehmen lasse, werde wegen der besonderen Konfliktsituation nicht bestraft. Bei der PID werden im Reagenzglas gezeugte Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf Gendefekte untersucht. Kritiker sehen darin einen Einstieg in die Menschenzüchtung. Befürworter möchten PID bei Eltern zulassen, deren mögliche Kinder ein hohes Risiko auf eine schwere Erbkrankheit haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false