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Politik: Gentechnik: Wissenschaftler: Klonen als Therapie völlig unrealistisch

Der erste Bericht über geklonte menschliche Embryonen aus den USA ist bei deutschen Experten auf scharfe Kritik gestoßen. Otmar Wiestler, der gemeinsam mit dem Bonner Wissenschaftler Oliver Brüstle den Antrag auf öffentliche Förderung für die Forschung an importierten embryonalen Stammzellen gestellt hat, geht davon aus, dass durch die Nachrichten aus den USA auch die deutsche Stammzellen-Debatte belastet wird.

Der erste Bericht über geklonte menschliche Embryonen aus den USA ist bei deutschen Experten auf scharfe Kritik gestoßen. Otmar Wiestler, der gemeinsam mit dem Bonner Wissenschaftler Oliver Brüstle den Antrag auf öffentliche Förderung für die Forschung an importierten embryonalen Stammzellen gestellt hat, geht davon aus, dass durch die Nachrichten aus den USA auch die deutsche Stammzellen-Debatte belastet wird.

Die Biotechnologiefirma Advanced Cell Technology in Massachusetts hatte am Sonntag bekannt gegeben, sie habe erstmals menschliche Embryonen geklont. Wie das Ergebnis wissenschaftlich zu bewerten sei, sei jedoch noch nicht genau abzuschätzen, sagte Wiestler.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik "Ohnehin wird sich das therapeutische Klonen in der Praxis nie umsetzen lassen", sagte der Forscher. Denn um für jeden Patienten genügend Stammzellen herzustellen, müsse man über große Mengen Eizellen verfügen. "Woher die kommen sollen, ist mir völlig unklar." Für das Klonschaf Dolly waren ein paar hundert Klonversuche nötig, bei denen ein Zellkern in eine entkernte Eizelle eingebracht wurde, um einen Embryo heranwachsen zu lassen. Genau diese Methode haben auch die amerikanischen Forscher angewandt. "Selbst bei einer Steigerung der Erfolgsraten auf eins zu zehn würden immer noch 100 000 Eizellen für 10 000 Patienten gebraucht", sagte Wiestler. "Das scheint mir völlig unrealistisch." Außerdem gebe es erhebliche wissenschaftliche Bedenken gegen das Klonverfahren. So werde vermutet, dass das genetische Programm von Zellen, die durch Zellkerntransfer entstanden sind, gestört sein könne.

Gleichwohl sollte die Forschung auf dem Gebiet nicht ganz verteufelt werden, meint Wiestler. "In begrenztem Rahmen ist sie sehr wichtig." Denn nur so sei zu verstehen, wie die Reprogrammierung - die Rückentwicklung einer differenzierten Zelle in eine Stammzelle - funktioniere. Und das könnte wichtig sein, um die ethisch weniger bedenkliche Alternative, die adulten Stammzellen, als Therapie zu entwickeln. Auch die Medizin-Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard verurteilte die Versuche in den USA. Die Ergebnisse der Experimente seien dermaßen dürftig, dass sie die Forschung keinen Schritt weiterbrächten, sagte die Professorin für Entwicklungsgenetik am Montag. Spiros Simitis, der Vorsitzende des Nationalen Ethikrats, sagte gegenüber dem Handelsblatt: "Die Entscheidung in den USA zeigt, dass wir nicht in der Lage sind, uns ein genaues Bild zu machen, wo an was geforscht wird." Der Schöpfer des Klonschafs Dolly, Ian Wilmut, bezweifelte unterdessen, dass es sich bei den geklonten Embryonen um "wahre Klone" handelt. Sie hätten, gemessen an ihrem Entwicklungsstadium, "viel mehr Zellen" haben müssen, sagte er im BBC-Rundfunk.

Kerstin Kohlenberg

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