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Saakaschwili Kaczynski

© dpa

Georgien: Präsidenten-Kolonne mit Kaczynski angeblich beschossen

Im früheren Kriegsgebiet Georgien ist in der Sicherheitszone eine Autokolonne beschossen worden. In einem der Autos saß Polens Präsident Lech Kaczynski. Moskaus Militärführung weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "Inszenierung".

Die Fahrzeuge seien am Sonntag in der Sicherheitszone vor Südossetien von einem russischen Wachposten aus unter Beschuss genommen worden, teilte die georgische Regierung in Tiflis mit. Niemand wurde verletzt. In der Kolonne sei auch der georgische Präsident Michail Saakaschwili gewesen. Moskaus Militärführung wies die Vorwürfe zurück. Unter keinen Umständen seien russische Soldaten beteiligt gewesen.

Da werde wohl das für die georgische Seite "Nützliche mit den Tatsachen" verwechselt, sagte der russische Vize-Außenminister Grigori Karassin. Russische Geheimdienstler teilten mit, die "Inszenierung" trage klar die Handschrift von Saakaschwili. Der Chef des südossetischen Geheimdienstes KGB, Boris Attojew, sprach von einem gezielten Destabilisierungsversuch. Er bestätigte am Abend, dass eine Kolonne mit rund 30 Fahrzeugen an dem Grenzpunkt vorgefahren sei. Die Wachposten hätten die Fahrer aufgefordert, umzukehren. Dies sei letztlich auch geschehen, ohne dass Südosseten gefeuert hätten.

Kaczynski: "Keine Inszenierung"

Die Region gilt auch nach dem August-Krieg zwischen Russland und Georgien als extrem unsicher. Kaczynski sagte auf einer Pressekonferenz in Tiflis, er glaube nicht an eine "Inszenierung". Er habe von seiner Position aus die russische Sprache gehört, als die Schüsse abgegeben wurden. Der Vorfall sei der Beweis dafür, dass der zwischen der EU und Russland ausgehandelte Waffenstillstand nicht eingehalten werde, sagte der polnische Präsident nach Angaben der Agentur Interfax. Er forderte Brüssel auf, endlich zu handeln.

Nach offiziellen Angaben wollte Kaczynski, der zu Feiern anlässlich des fünften Jahrestags der Rosenrevolution in Tiflis gelandet war, zusammen mit Saakaschwili Kriegsflüchtlinge in der "Pufferzone" besuchen und dort neue Wohnungen übergeben. In den sogenannten Sicherheitszonen vor Südossetien und Abchasien kommt es fast täglich zu Schießereien und Explosionen mit Toten und Verletzten. Die Seiten werfen sich gegenseitig Provokationen vor.

Der Chef des polnischen Nationalen Sicherheitsbüros, Wladyslaw Stasiak, sagte am Sonntagabend in Warschau, es sei nicht klar, ob die Schüsse in Richtung der Präsidentenkolonne abgegeben worden seien. Unser Wissen über den Zwischenfall lasse keine endgültige und eindeutige Bewertung zu, sagte Stasiak. Der Fall werde geprüft. Kaczynski habe besonnen auf den Zwischenfall reagiert und wollte das Reiseprogramm ohne Abstriche fortsetzen. Er dementierte Informationen, nach denen dass in Warschau ein Krisenstab eingerichtet worden sei.

"Mindestens drei Schusssalven"

Der Chef des georgischen Sicherheitsrates, Alexander Lomaia, beschuldigte die russischen Soldaten, das "Leben der beiden Präsidenten gefährdet" zu haben. Auch wenn unklar sei, ob die Schüsse gezielt oder in die Luft abgegeben worden seien, so seien die "Handlungen der Russen unverantwortlich", sagte er. "Es gab mindestens drei Schusssalven aus Gewehren. Präsident Lech Kaczynski bewahrte eiserne Ruhe", sagte sein Kanzleichef Michael Kaminski, der auch in der Kolonne war, dem polnischen Fernsehsender TVN24.

In der "Pufferzone" sind mehr als 200 EU-Beobachter im Einsatz, die dort unter Leitung des deutschen Diplomaten Hansjörg Haber für Sicherheit sorgen sollen. Eine Reaktion der EU-Beobachter lag zunächst nicht vor. Die abchasischen und südossetischen Behörden hatten zum Schutz vor illegalen Grenzübertritten und wegen möglicher neuer Angriffe aus Georgien zuletzt Schießbefehl angeordnet. In den von Moskau als unabhängig anerkannten Gebieten sind insgesamt mehr als 7000 russische Soldaten stationiert. (mhz/dpa)

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