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Hinter Sicherheitsglas. Die Angeklagten Abdeladim El-K. (r) und Amid C. beim Prozessauftakt am Mittwoch in Düsseldorf.

© dpa

Geplante Anschläge der "Düsseldorfer Zelle": Prozessbeginn im Hochsicherheitstrakt

Erster Prozesstag in Düsseldorf: Die Angeklagten wirken so westlich wie weltlich. Doch die vier Muslime der sogenannten "Düsseldorfer Zelle" sollen Terroranschläge in Deutschland geplant haben. Ein Bericht aus dem Gerichtssaal.

Von Frank Jansen

Die Halle im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf betreten vier unauffällige junge Männer, alle mit akkuraten Kurzhaarfrisuren und Jeans. Keiner trägt Vollbart. Diesmal sehen die Angeklagten in einem der größeren Prozesse gegen muslimische Terrorverdächtige nicht aus wie beinharte Dschihadisten. Doch die Bundesanwaltschaft hält die Männer unbeirrt für Mitglieder der Terrororganisation Al Qaida und wirft ihnen vor, ein grauenhaftes Verbrechen geplant zu haben.

Die Angeklagten hätten mit einem „aufsehenerregenden Anschlag“ Vorbilder für andere Islamisten sein wollen, um diese „zu weiteren Anschlägen zu motivieren und Angst und Schrecken in Deutschland zu verbreiten“, verliest Bundesanwalt Michael Bruns am Mittwoch aus der Anklageschrift. Der Prozess gegen die „Düsseldorfer Zelle“, wie Abdeladim El-K. (31), Jamil S. (32), Amid C. (21) und Halil S. (28) als Gruppe von den Behörden tituliert werden, beginnt mit harten Worten gegen harmlos aussehende Angeklagte.

Der Marokkaner El-K. und der Deutschmarokkaner Jamil S. hätten im April 2011 „ihr Ziel dahingehend konkretisiert, dass sie einen mit Metallteilen versetzten Sprengsatz in einer größeren Menschenmenge zur Explosion bringen wollten“, sagt Bruns. „Des Weiteren überlegten sie, beim Eintreffen von Polizei und Rettungswagen nach der ersten Detonation eine weitere Explosion auszulösen“. Offen bleibt aber, wer attackiert werden sollte.

Die Angeklagten blicken meist ungerührt vor sich hin, El-K. nickt manchmal und grinst. Am 29. April 2011 wurden er, Jamil S. und der Deutschiraner Amid C. in Düsseldorf und Bochum festgenommen. Zuvor hatte das Bundeskriminalamt bei einem Lauschangriff mitbekommen, dass El-K. und Jamil S. in einer Wohnung versuchten, aus Grillanzündern sprengstofftaugliches Material herauszukochen.

Video: Der Prozessbeginn gegen die "Düsseldorfer Zelle"

Der Verteidiger fordert eine Einstellung des Verfahrens

Das wäre wohl misslungen, doch die Behörden zogen El-K., Jamil S. und Amid C. aus dem Verkehr. Den in einer türkischstämmigen Familie aufgewachsene Halil S., dem darüber hinaus auch noch Betrügereien im Internet vorgeworfen werden, konnte das Bundeskriminalamt erst etwas später identifizieren, er wurde dann im Dezember 2011 festgenommen.

Als Anführer sieht die Bundesanwaltschaft Abdeladim El-K. Er soll im Jahr 2010 in der pakistanischen Terrorhochburg Wasiristan ein Training bei Al Qaida absolviert und dann nach Deutschland zurückgekehrt sein. Mit dem Auftrag des hochrangigen Al- Qaida-Mannes Scheich Atiyatallah, einen Trupp zusammenzustellen und Anschläge zu verüben. Laut Bundesanwaltschaft rekrutierte El-K. dann die drei Mitangeklagten und bereitete einen Doppelanschlag vor. Als zentralen Beweis sehen die Ankläger eine Mail, die El-K. am 14. April 2011 von einem Düsseldorfer Internetcafé an den Scheich geschickt haben soll.

Bruns zitiert aus der Nachricht: „O unser Shaikh, ich trainiere einige Jugendliche aus Europa, die bislang in Sachen Sicherheit sauber sind. Nach dem Ende des Trainings werde ich mit Allahs Hilfe mit dem Schlachten der Hunde der Söhne des Gelben anfangen“. Der Begriff Söhne des Gelben, sagt Bruns, sei eine verächtliche Bezeichnung für Europäer.

Für die Bundesanwaltschaft sind die Aktivitäten der Düsseldorfer Zelle auch ein Beleg dafür, dass die Terrorwarnung zutreffend war, mit der im November 2010 der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Republik erschreckte. Denn der kurz zuvor bei den deutschen Sicherheitsbehörden eingegangene Hinweis eines Dschihadisten aus Wasiristan, der das BKA überraschend vor einer militanten Gruppe gewarnt hatte, habe später, „gekreuzt“ mit geheimdienstlichen Erkenntnissen, auf die Spur der Düsseldorfer Zelle geführt, sagt Bruns.

Gleich zu Prozessbeginn beantragen die Verteidiger die Einstellung des Verfahrens, weil sie den Protokollen der wochenlangen Lauschangriffe des BKA auf die Terrorverdächtigen misstrauen. Nach mehrstündigen Beratungen weist der Strafsenat den Antrag ab.

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