zum Hauptinhalt

Gerichtsentscheidung: Urteile im Müllskandal-Prozess gültig

Fast vier Jahre nach Auffliegen des Kölner Müllskandals hat der Bundesgerichtshof die Verurteilung beteiligter Politiker und Manager bestätigt. Im Skandal waren mehr als 11 Millionen Euro Schmiergelder geflossen.

Leipzig/Köln - Im Fall des früheren SPD-Bundespolitikers Karl Wienand (78) muss aber neu verhandelt werden. Das Gericht hob das Urteil gegen ihn in den Teilen auf, in denen er vom Kölner Landgericht frei gesprochen worden war. Mit der Entscheidung des in Leipzig ansässigen 5. Strafsenats des BGH blieben fast alle Revisionen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung erfolglos. Der BGH äußerte aber deutliche Kritik an den Kölner Urteilen vom Mai und Dezember 2004.

Der Kölner Müllskandal hatte Anfang 2002 auch bundespolitisch Wellen geschlagen. Die Schmiergeldzahlungen, um die es in den Prozessen ging, reichen bis in die frühen 90er Jahre zurück. Um den Auftrag für den Bau einer Müllverbrennungsanlage zu bekommen, wurden rund elf Millionen Euro Schmiergelder gezahlt. «Das wurde damals skrupellos betrieben. Mit Bekanntwerden der Vorgänge entstand der Eindruck, dass nichts ohne fördernde Zahlung ging», sagte die Senatsvorsitzende Monika Harms.

Der frühere Chef der Kölner Abfallverwertungsgesellschaft (AVG), Ulrich Eisermann, nahm die Schmiergelder und wurde dafür wegen Untreue und Bestechlichkeit verurteilt. Zudem ist er der Steuerhinterziehung schuldig, weil auch Schmiergelder gegenüber dem Finanzamt zu nennen sind. Nun kommen auf ihn drei Jahre und neun Monate Haft zu. Der damalige Geschäftsführer des Anlagenbauers Steinmüller, Sigfrid Michelfelder erhielt wegen Beihilfe zu Untreue und Bestechung eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und eine Geldstrafe von 44.550 Euro. Der frühere SPD-Kommunalpolitiker Norbert Rüther (55) wurde dagegen mangels Beweisen freigesprochen.

Dieser Freispruch ist nun rechtskräftig - aus formellen Gründen. Die Zweifel des Landgerichts seien angesichts der vorgelegten Beweise für den BGH nachvollziehbar, sagte Richterin Harms. «Auch wenn man das Urteil besser, schöner und überzeugender hätte abfassen können.»

Deutlicher noch wurde die Kritik der Bundesrichter im Fall der Schlüsselfigur Wienand. Die Rechtmäßigkeit seines Freispruchs zum Vorwurf der Steuerhinterziehung sei anhand des «handwerklich unvollständigen Urteils» nicht möglich. Der BGH kritisierte, dass das Gericht in seiner Begründung pauschal auf das rund 550 Seiten lange Urteil vom Mai verwies. Damit folgten die Bundesrichter der Staatsanwaltschaft. Angesichts des schlechten Gesundheitszustandes von Wienand bezweifelte der BGH aber, ob eine neue Verhandlung möglich sein wird. Möglicherweise werde das Verfahren eingestellt.

In der juristisch spannenden Frage danach, ob Eisermann als Geschäftsführer der AVG ein Amtsträger war, blieben die Bundesrichter bei der bisherigen Rechtsprechung und verneinten dies. «Der Betrieb war kein verlängertes Arm des Staates», sagte Harms. Das privatrechtlich organisierte Unternehmen gehörte zwar zu fast 75 Prozent der Stadt, diese habe aber nicht durchgreifen können. Wesentliche unternehmerische Entscheidungen seien nicht entgegen des AVG-Mitgesellschafters, «Müllkönig» Hellmut Trienekens, möglich gewesen. Dieser besaß eine Sperrminorität von 25,1 Prozent. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false