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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied, dass beamtete Lehrer nicht streiken dürfen.

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Gerichtsurteil in Leipzig: Streikverbot für Lehrer bestätigt - es könnte aber bald fallen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied, dass beamtete Lehrer weiterhin nicht streiken dürfen. Doch die Richter sehen Änderungsbedarf.

Lehrer, die verbeamtet sind, dürfen weiterhin nicht streiken. Allerdings könnte das Streikverbot in absehbarer Zeit fallen. Denn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am Donnerstag entschieden, dass die deutsche Rechtsordnung hinsichtlich der Beamten, die keine hoheitlichen Aufgaben erledigen, in Widerspruch steht zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Und der verlangt ein Streikrecht für alle öffentlich Bediensteten, die nicht zu den Streitkräften, der Polizei und zur hoheitlichen Staatsverwaltung gehören.
Der Gesetzgeber sei berufen, diesen Widerspruch zu lösen, urteilten die Leipziger Richter. Dazu machen sie auch einen Vorschlag. Der Gesetzgeber (bei den Statusrechten der Beamten ist das der Bundestag) könnte die Bereiche, die hoheitliche Staatsverwaltung sind, eingrenzen und für den restlichen Bereich – darunter fielen dann die Lehrer – eine „erweiterte Beteiligung der Berufsverbände der Beamten“ vorzusehen. Was darunter konkret zu verstehen ist - also eine komplette Aufhebung des Streikverbots oder nur eine teilweise Öffnung - bleibt aber offen. Letztlich läuft die Entscheidung aber darauf hinaus, dass der Beamtenbund mit seinen Untergliederungen als echter Tarifpartner agieren und damit auch zum Streik aufrufen kann. „Die Zuerkennung eines Streikrechts“, geben die Richter allerdings zu bedenken, „würde einen Bedarf an Änderungen anderer, den Beamten günstiger Regelungen, etwa im Besoldungsrecht, nach sich ziehen.“ Denn die Rechte der Beamten müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zu denen der Tarifangestellten stehen. Der Verzicht auf das Streikrecht wird ausgeglichen durch Begünstigungen, die andere Arbeitnehmer nicht haben. Diese müssten dann, so der Tenor des Urteils, bei der Aufhebung des Streikverbots entsprechend angepasst werden.

Ausdrücklich ist in der Entscheidung von einer „Übergangszeit bis zu einer bundesgesetzlichen Regelung“ die Rede; wie lange die sein muss, bleibt allerdings offen. Das Bundesverwaltungsgericht kann (im Gegensatz zum Karlsruher Verfassungsgericht) dem Bundestag keine Fristen vorgeben, sondern nur appellieren. Die Richter konnten auch nicht so weit gehen, das Streikverbot zu kippen - denn Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofs auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention sind kein Europarecht, das deutsches Recht sozusagen bricht. Deutschland hat sich allerdings völkerrechtlich verpflichtet, sich daran zu halten. Vorerst bleibt es daher beim Streikverbot, das sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ergibt, welche im Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt werden.

Das Leipziger Urteil geht auf die Klage einer ehemaligen verbeamteten Lehrerein aus Nordrhein-Westfalen zurück, die im Jahr 2009 an Warnstreiks teilnahm, zu denen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aufgerufen hatte. Daraufhin war gegen sie eine Disziplinarstrafe in Höhe von 1500 Euro verhängt worden. Das Gericht bestätigte die Strafe, verringerte die Buße aber auf 300 Euro.

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