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Politik: Geschäft mit der Erpressung

Auch gegen Lösegeldforderungen kann man sich versichern. Die Branche lebt von Diskretion

von Rimscha

Der Manager war geschäftlich in Südamerika, als er entführt wurde. Die Kidnapper stellten eine hohe Lösegeldforderung. Was der Manager nicht wusste: Sein Konzern hatte für ihn eine Versicherung gegen Entführungen abgeschlossen. Er kam frei, das Lösegeld war von einheimischen Mittelsmännern zudem noch gedrückt worden.

Versicherungen gegen Entführungen? Ja, es gibt sie. Seit den 70er Jahren in Großbritannien und in den USA, seit 1998 auch in der Bundesrepublik. Nun sollen solche Versicherungen potenzielle Gangster natürlich nicht ermutigen, weitere Opfer lukrativ gegen Geld einzutauschen. So ist Diskretion die höchste Tugend der Branche.

Deshalb auch sind die Mitarbeiter von „Control Risks“ besonders stolz auf ihre hintergründige Hilfe im Falle des in Südamerika entführten Managers. „Control Risks“ ist ein Unternehmen, das sich auf den Umgang mit Entführungen konzentriert hat. Man bietet Vorsorge, Beratung, Sicherheitskonzepte – und im Falle eines Kidnappings Fachleute, die in 24 Stunden vor Ort sind und die effektivste Verhandlungsführung erarbeiten oder Angehörigen psychologischen Beistand leisten. Für das Lösegeld sind andere zuständig – „Control Risks“ arbeitet mit „Lloyds Hiscox“ zusammen. „Die großen Industrieversicherer haben alle erkannt, dass es sinnvoll ist, externe Fachleute zum professionellen Krisenmanagement hinzuzuziehen“, sagt Robin Socha, „Control Risks“-Manager in Berlin. Hier hat das Londoner Unternehmen seit 1999 eine Zweigstelle.

Man hat es mit Heiklem zu tun, und entsprechend vorsichtig ist man mit Auskünften. Die Kunden sind Konzerne, die Mitarbeiter regelmäßig in Krisengegenden schicken müssen, aber auch Mittelständler. Mit 16 der Dax-30-Unternehmen hat „Control Risks“ Beraterverträge. Ein Arbeitstag eines Profihelfers kostet den Kunden 1750 Euro. Bei großen Fällen kommt es schon einmal vor, dass zehn Mitarbeiter benötigt werden. Über 400 arbeiten weltweit für „Control Risks“. Zweiter Branchenführer in Deutschland ist „Kroll“, das mit dem US-Industrieversicherer AIG zusammenarbeitet. Daneben gibt es in der Branche unzählige kleinere und Kleinstanbieter. „Leider ist der Markt durchsetzt mit Zwei- oder Drei-Mann-Betrieben“, sagt ein Branchenkenner.

Die Großen betonen, wie wichtig die Prävention ist. Deren Wert erkenne man schon daran, dass große Industrieversicherer rund 15 Prozent ihrer Prämieneinnahmen in Vorsorgemaßnahmen stecken. Auch vier der größten deutschen Nichtregierungsorganisationen mit prekären Einsatzgebieten haben sich gegen Entführungen versichert, ist in der Branche zu hören. Bei gut 10 000 Lösegelderpressungen jährlich, Spitzenreiter sind Kolumbien und Osteuropa, kein Wunder. London ist weiter das Zentrum jener Branche, die sich „Kidnapping and Ransom“ (Entführung und Lösegelderpressung) nennt, dies aber lieber „k & r“ abkürzt. Denn das flößt weniger Schrecken ein.

Robert

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